1945
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Hamm wurde vor 719 Jahren gegründet.
1945 findet der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai sein Ende. Hamm wird im letzten Kriegsjahr noch mehrfach Ziel von Fliegerangriffen, gleichwohl ist der Krieg mit der Einnahme durch die Amerikaner, die am 31. März mit ihrer Artillerie in Schussweite kommen, schon im April frühzeitig beendet.
Nachdem die Stadt unter britische Besatzung gestellt wird, normalisiert sich das Leben im Verlauf des Jahres. Der Nahverkehr mit der Straßen- und Eisenbahn wird wiederhergestellt, ebenso der Postbeförderungsdienst und das Telefonnetz. Erste Kulturveranstaltungen können ebenfalls wieder gefeiert werden.
Hamm im Zweiten Weltkrieg
- Am 7. Januar sterben bei einem Luftangriff in Heessen drei Personen.[1]
- Am 29. Januar stirbt bei einem Luftangriff in Heessen eine Person.[2]
- Am 16. Februar wird Hamm zwischen 13:00 Uhr und 13:35 Uhr von einem Luftangriff getroffen. Der Angriff gilt dem Bahnhofsgelände. Auch die unmittelbar angrenzenden Gebiete (Wilhelmstraße, Friedrichstraße, Feidikstraße, Hohe Straße und Sedanstraße) werden in Mitleidenschaft gezogen. Das WDI-Verwaltungsgebäude ist schwer getroffen. In Heessen wird ein Stollen der Zeche Sachsen getroffen. Dort sterben 90 Personen. Durch einen Treffer auf das Gemeindehaus in Ostwennemar kommen 43 Personen ums Leben.
- Durch Sprengbomben wird das Oberlandesgericht (heute: Rathaus) bei einem Luftangriff am 19. März schwer beschädigt. In einem öffentlichen Luftschutzkeller in diesem Gebäude sterben durch den Angriff vier Menschen, weitere werden verletzt. Es ist der letzte Luftangriff auf Hamm im Zweiten Weltkrieg, da Heessen, Pelkum, Herrungen, Uentrop, und Bockum-Hövel seinerzeit noch selbständige Gemeinden sind.
- Am 27. März wird die Gemeinde Heessen letztmalig von einem Luftangriff getroffen.[3] Dabei werden die Tagesanlagen der Zeche Sachsen so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass der Förderbetrieb für zwei Monate ruhen muss.[4] Insgesamt sterben bei diesem letzten Luftangriff auf Heessen 60 Zivilisten.[5] Darüber hinaus werden 15 deutsche Soldaten und 82 russische Kriegsgefangenen getötet.[6]
- Am 31. März erscheint der Westfälische Anzeiger das letzte Mal vor Kriegsende.
Gefechte um die Stadt
- Am Abend des 31. März (Karsamstag) kommt Hamm in Reichweite der amerikanischen Artillerie. Die sich von Osten nähernden Truppen beschießen die Widumstraße, den Ostring, die Brückenstraße, die Königstraße und die Wilhelminenstraße. In Dasbeck und Frielick kommt es zu Kämpfen. Auf deutscher Seite sterben dabei 16 Anghörige der Wehrmacht, des Reichsarbeitsdienstes und des Volkssturms sowie drei Zivilisten.[5]
- Am Ostersonntag, den 1. April, besetzen die Amerikaner Heessen.
- Am Ostermontag, den 2. April dringen amerikanische Truppen von Norden über die Eisenbahnbrücke zum Bahnhof Hamm vor und verschanzen sich am Bahnhof und im Postgebäude. Einzelne amerikanische Truppen dringen bis zur Südstraße vor. Die Kämpfe erfolgen mit starker Artillerieunterstützung.
- Am 3. April dauern die Kämpfe in Hamm an.
- Am 4. April erreichen amerikanische Truppen die Kloster-Brauerei.
- Am 5. April erfolgt kurz nach Mitternacht starkes Artilleriefeuer der Amerikaner auf Hamm. Die Einschläge betreffen vor allem die östliche Innenstadt (Heßlerstraße, Kentroper Weg, Ostenallee, Rietzgartenstraße, Wilhelminenstraße). Die deutschen Truppen ziehen sich aus Hamm Richtung Werl zurück. Erste Übergabeverhandlungen beginnen. Die Bunker werden geöffnet. Die Amerikaner verordnen eine Ausgangssperre ab 17 Uhr.[7]
- Am 6. April kommt der Betrieb der Ruhr-Lippe-Kleinbahn vollständig zum Erliegen.[8]
Ende des Zweiten Weltkriegs in Hamm – unter britischer Militärregierung
April
- Am 6. April besetzen amerikanische Truppen die Polizeidirektion in der Hohe Straße. Die Ausgehzeit für die Bevölkerung wird zwischen 12 Uhr mittags und 9 Uhr am nächsten Morgen festgesetzt.
- Die Amerikaner beauftragen am 6. April den Revierhauptmann Seifert mit der Leitung der Hammer Polizei.[9]
- Am 7. April ernennt der amerikanische Stadtkommandant, Major Reilly, den Stadtbaurat Emil Haarmann zum kommissarischen Oberbürgermeister von Hamm. In Hamm kommt es zu Plünderungen durch russische Zwangsarbeiter.
- Auch am 8. April werden erneut Geschäfte durch russische und polnische Zwangsarbeiter geplündert (u. a. die Geschäfte von Fahning und Viehoff)
- Ab dem 13. April operiert das 735. Eisenbahn-Betriebs-Bataillon der US-Armee in Hamm und organisiert erste Wiederaufbauarbeiten an der Eisenbahn.[10]
- Vermutlich am 14. April kommt es zu einem folgenschweren Zusammenstoß zwischen Bergleuten am Schacht Franz in Herringen und ehemaligen Zwangsarbeitern. Dabei kommen mehrere Menschen ums Leben.[11]
- Auf Anordnung der Besatzungsmacht scheidet am 19. April der Bürgermeister Dransfeld in Heessen aus dem Amt. Zu seinem Nachfolger wird der Zechenbeamte Joseph Böker ernannt.[12]
Mai
- Am 1. Mai wird der ehemalige Oberbürgermeister Erich Deter (NSDAP) von amerikanischen Truppen auf seiner Flucht in Fröndenberg festgesetzt. Am nächsten Tag wird er unter nicht geklärten Umständen in einem Straßengraben erschossen – unter anderem wurde ihm ein Fluchtversuch unterstellt.
- Ebenfalls am 1. Mai fahren die Züge der Ruhr-Lippe-Kleinbahn wieder, und zwar zunächst auf den Strecken Hamm-Lippborg und Hamm–Haaren–Ahlen.[13]
- Am 8. Mai ist durch die bedingungslose Kapitulation Deutschlands der Zweite Weltkrieg beendet.
- Der Postsparkassendienst wird am 18. Mai wieder aufgenommen.
Juni
- Dr. Ferdinand Schultz wird von der britischen Militärregierung und vom Bürgerrat der Stadt Hamm am 4. Juni zum Stellvertreter des Oberbürgermeisters und zum Chefjuristen der Stadtverwaltung gewählt.
- Seit dem 18. Juni verkehren wieder Reisezüge über Hamm.
- Am 17. Juni beginnt der Abtransport aller Ausländer aus Hamm mit der Ankündigung, dass die Stadt Hamm 5000 Anzüge, 5000 Hemden, 5000 Unterhosen, 5000 Paar Socken und 5000 Paar Schuhe oder Stiefel abzuliefern habe. Diese Bedingung kann nicht erfüllt werden. Gleichwohl wird die Drohung, die Stadt zur Plünderung freizugeben, nicht umgesetzt.
- Am 19. Juni erscheint das erste Mitteilungsblatt für den Stadtkreis Hamm und den Landkreis Unna im Verlag Emil Griebsch. Das Blatt enthält die offiziellen Bekanntmachungen der alliierten Militärregierung. Am gleichen Tag um 19 Uhr findet in den Ostringanlagen eine Übertragung der Besatzer statt. Gesendet wird das BBC-Hörfungprogramm. Die wichtigste Botschaft lautet: „Kampf dem Kartoffelkäfer“.
- Am 22. Juni wird der Fahrdienst der Eisenbahn wieder in deutsche Hände gelegt.[14]
- Die Militärregierung erlaubt ab dem 26. Juni wieder das Telefonieren im Ortsnetz von Hamm.
- Die Straßenbahn in Hamm nimmt ihren Betrieb am 30. Juni wieder auf. Die erste Teilstrecke verläuft von der Augustastraße bis zur Fangstraße in Pelkum.
Juli
- Am 7. Juli wird das Solebad im Kurpark wieder geöffnet.
- Im Juli wird die SPD im Unterbezirk Hamm reaktiviert. Erster Unterbezirksvorsitzenden wird Heinrich Schreiner aus Heeren-Werve.
- 18. Juli: Der Bürgerrat, eine von der bristischen Besatzungsmacht eingesetzte kommunale Selbstverwaltungsinstitution, hat ihre konstituierende Sitzung im Polizeipräsidium.
- Am 30. Juli treffen sich Schülerinnen und Schüler unter Anleitung ihrer Lehrerinnen und Lehrer zur Heilkräutersammlung. Dies war durch den Oberpräsidenten der preußischen Provinz Westfalen erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg angeordnet worden.
August
- Am 7. August wird das Amtsgericht durch den britische Stadtkommandanten wieder eröffnet.
- Die Leerung von zunächst 17 Briefkästen läuft ab dem 10. August wieder an.
- Josef Schlichter wird am 15. August wieder zum Oberbürgermeister von Hamm ernannt, nachdem er zwischenzeitlich von Erich Deter (NSDAP) aus dem Amt gedrängt worden war. Das Amt wird ihm vom Bürgerrat der Stadt, dem von der britischen Besatzungsmacht eingesetzten kommunalen Selbstverwaltungsorgan, übertragen. Gleichzeitig wird Emil Haarmann zum Stadtbaurat ernannt.
- Am 19. August findet die Gründungsversammlung eines Bergarbeiterverbandes auf der Schachtanlage Heinrich Robert und Franz statt.[15]
- Das Orchester der Stadt Münster unter Leitung von Generalmusikdirektor Heinz Dressel bestreitet das erste Nachkriegs-Sinfoniekonzert im Hammer Kurhaus.
September
- Im September finden bereits wieder Varieté-Vorstellungen im Café Corso statt.
- Am 12. September können die ersten Gasversorgungsleitungen im Hammer Süden wieder in Betrieb genommen werden.[16]
- Ab dem 15. September wird die Berufsausbildung beim Eisenbahnbetriebswerk Hamm wieder aufgenommen.[17]
- Am 23. September wird die CDP (Christlich-demokratische Partei) in Hamm gegründet. Als erster Vorsitzender wird Josef Weidekamp gewählt. Aus der CDP wird später die CDU.
- Am 27. September beginnen die Schulen in Herringen wieder mit dem Unterricht.
Oktober
- Im Oktober beschlagnahmt die britische Militärregierung alle Schäferhunde in Hamm.
- Am 14. Oktober konstituiert sich in Hamm die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) unter der Führung ihres politischen Sekretärs Johannes Knittel.
- Am 23. Oktober wird die Katholische Schule im Westen wieder eröffnet.
- Der Nachkriegsstart des Ufa-Theaters (Westentor) findet im Kurhaus statt. Am 26. Oktober wird der Film Der große Preis mit Gustav Fröhlich und Carola Höhn gezeigt.
November–Dezember
- Im November öffnet in Hamm eine Geschäftsstelle der Liberal Demokratischen Partei (LDP), die sich 1946 in FDP (Freie Demokratische Partei) umbenennen wird.
- Am 15. Dezember bietet das Theater des Westens einen Varieté-Abend im Lokal Drees-Tannenwald.
- Die Militärregierung ernennt am 16. Dezember einen neuen Rat für Heessen. Er besteht aus je vier Mitgliedern der CDU und der SPD sowie zwei Mitgliedern der KPD.[18]
- Im Dezember eröffnen Emil Liesegang und Jane Liesegang ihre Tanzschule in der Wilhelmstraße 27 neu. Verbunden mit der Tanzschule ist ein Step-Tanz-Studio.
Wirtschaft
- Wegen der schlechten Verkehrsverhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg richtet die Industrie- und Handelskammer Dortmund in Hamm eine Außenstelle ein. Diese kommt im Haus Nordstraße 11 (Ecke Ritterstraße) unter. Dort befindet sich seinerzeit das Café Hasebrink. Diese Zweigstelle ist, wenn auch inzwischen zum Ostring 15 umgezogen, auch heute noch geöffnet.
Verkehr
- Der Personenreiseverkehr mit der Bahn beschränkt sich im Juni zunächst auf 15 Züge, Ende des Jahres sind es immerhin schon wieder 110 Züge pro Tag.[19]
Bergbau
- Am 16. April werden sechs deutsche Bergleute der Zeche Heinrich Robert durch polnische Zwangsarbeiter im Luftschutzstollen Schacht Franz ermordet.[20]
- Die Zeche Heinrich Robert fördert in diesem Jahr 531.492 t Steinkohle. Die Zahl der Belegschaftsmitglieder beläuft sich bei Kriegsende auf 2.955 Personen.[21]
- Die Zeche Radbod ist zum Kriegsende mit allen fünf Schächten voll in Betrieb. Die Förderung erfolgt hauptsächlich auf der 4. Sohle.[22]
- Die Zeche Sachsen wird am 16. Februar und am 27. März durch die Allierten aus der Luft bombardiert. Dabei sterben 92 Beschäftigte des Bergwerks. Am 6. April beginnen auf dem Werksgelände die Aufräumarbeiten. Am 15. Mai wird die Förderung auf der Zeche wieder aufgenommen.[23]
- Die Steinkohlengewerkschaft der Reichswerke als Eigentümer der Zeche Sachsen wird nach Kriegsende in Märkische Steinkohlengewerkschaft umbenannt. Zum neuen Geschäftsleiter und Bergwerksdirektor wird Adolf Kriegeskorte ernannt. Er steht bereits seit 1911 im Dienst der Gesellschaft.[24]
Kultur
Freizeit
Literatur
- Stefan Gehre: Unvergessene Wäscheleine. Irene Rumpenhorst-Stratmann berichtet vom Kriegsende. Westfälischer Anzeiger vom 14. April 2020 (→ siehe Online-Artikel)
- Torsten Haarmann: Angst und Schrecken zu Ostern 1945. Zeitzeugen berichten von den letzten Kriegstagen vor 75 Jahren in Uentrop und Haaren. Westfälischer Anzeiger vom 14. April 2020 (→ siehe Online-Artikel)
Anmerkungen
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 284.
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 284.
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 277.
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 278.
- ↑ 5,0 5,1 Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 284.
- ↑ vgl. Michael Girkens: Es ging um die Nachschubwege. Dr. Ulrich Heitger hat neue Erkenntnisse zum Bombenangriff vor 75 Jahren. Westfälische Anzeiger vom 27.03.2020; Beitrag von Girkens im WA vom 27. März 2020
- ↑ Zum Ende des 2. Weltkriegs in Hamm vgl. auch: Jörn Funke: Vor 75 Jahren endet der Krieg in Hamm. Westfälischer Anzeiger vom 4.4.2020
- ↑ Markus Meinold: Bahnhof Hamm (Westf). Die Geschichte eines Eisenbahnknotens. Hövelhof 2004, S. 140.
- ↑ vgl. Siegfried Paul: Die Geschichte der Polizei in Hamm 1921–1945. Hamm 1984, S. 135.
- ↑ Markus Meinold: Bahnhof Hamm (Westf). Die Geschichte eines Eisenbahnknotens. Hövelhof 2004, S. 26.
- ↑ vgl. Online-Artikel „Stollentragödie von Schacht Franz“
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 285.
- ↑ Markus Meinold: Bahnhof Hamm (Westf). Die Geschichte eines Eisenbahnknotens. Hövelhof 2004, S. 140.
- ↑ Markus Meinold: Bahnhof Hamm (Westf). Die Geschichte eines Eisenbahnknotens. Hövelhof 2004, S. 26.
- ↑ vgl. Westfälischer Anzeiger vom 22.08.2020
- ↑ 100 Jahre Stadtwerke Hamm/Westf. 1858-1958. Hamm 1958, S. 62.
- ↑ 50 Jahre Berufausbildung Betriebswerk Hamm. O.O. o.J, S. 15.
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 285.
- ↑ Markus Meinold: Bahnhof Hamm (Westf). Die Geschichte eines Eisenbahnknotens. Hövelhof 2004, S. 31.
- ↑ Michael Rost: Chronik des Bergwerks Heinrich Robert 1901-2001.100 Jahre Heinrich Robert. Bergbau in Hamm. O.O. o.J.
- ↑ Peter Voß: Die Zechen in Hamm. Werne 1994, S. 21.
- ↑ Peter Voß: Die Zechen in Hamm. Werne 1994, S. 47.
- ↑ Peter Voß: Die Zechen in Hamm. Werne 1994, S. 58–59
- ↑ Emil Steinkühler. Heessen (Westf.). Die Geschichte der Gemeinde. Heessen 1952, S. 285.
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