Natur- und Umweltschutz in Hamm

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Storchenpaar in den Lippewiesen
Storchenpaar in den Lippewiesen

Zwischen dem Umweltschutz, dem Naturschutz, dem Artenschutz und – seit einigen Jahren – dem Klimaschutz gibt es fließende Übergänge, eine exakte Trennung ist kaum möglich. Der technische Umweltschutz, also beispielsweise die Energieerzeugung, die Abfallentsorgung und auch der Umweltschutz im Verkehrsbereich müssen davon natürlich ausgenommen werden.

Geschichte

Die älteste private Umweltverband, der Naturschutzbund Deutschland Stadtverband Hamm e. V. (NABU), wurde 1955 in Heessen als „Deutscher Bund für Vogelschutz“ (DBV) gegründet. Der „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.“ (BUND), gegründet 1975, und die „Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e. V.“ (LNU), gegründet 1976, sind die beiden weiteren gesetzlich anerkannten Verbände. Ebenfalls 1976 gründete sich die „Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm“. Sie setzte sich gegen Atomkraft und den Thorium-Hoch-Temperatur-Reaktor (THTR-300) am Kraftwerksstandort Uentrop ein.

Bei der Stadt selbst gab es bis 1989 kein Amt, das den Begriff Umwelt in seiner Amtsbezeichnung führte. Es gab lediglich die Untere Naturschutzbehörde (UNB) der Stadt Hamm, die im Dezernat für Planen und Bauen geführt wurde. Das Dezernat hatte das Ziel, Bebauungspläne für Wohnen und Gewerbe und den Straßenbau zu entwickeln und zu verabschieden. Die zwei Mitarbeiter der UNB mussten, wenn Umwelt- und Naturschutzbelange zu sichern waren, sich gegen den eigenen Dezernenten stellen. Erst 1989 wurde das Umweltamt mit den Abteilungen für Landschaft, Abfall, Jagd, Fischerei und Wasser geschaffen. Aber auch für das Umweltamt blieb es zunächst schwierig, ökologische Belange gegen das Planungsamt durchzusetzen.

Die Inbetriebnahme der Müllverbrennungsanlage erfolgte schon 1985. Zuvor wurde Müll deponiert. Das Umweltamt erstellte und veröffentlichte bis 2002 Umweltberichte. Die Serie wurde aus unbekannten Gründen eingestellt. 2020 wurde noch einmal ein Umweltbericht (ohne laufende Nummer) herausgegeben.

Hauptstadt für Natur- und Umweltschutz (1994–1998)

Die Stadt beteiligte sich von 1994 bis 1998 am Wettbewerb „Hauptstadt für Natur- und Umweltschutz“ der Deutschen Umwelthilfe e. V., der bundesweit ausgeschrieben wurde. Erste Beteiligungen hatten bereits gute Platzierungen erreicht: 1994: 31. Platz unter 185 teilnehmenden Kommunen, 1995: 6. Platz, 1996: 8. Platz, 1997: 2. Platz. 1998 gelang dann der große Wurf, als die Stadt Hamm auf Platz 1 landete.

In einem umfangreichen Fragenkatalog legte die Stadt Hamm ihre Maßnahmen zu diesen Aktivitäten dar: Lokale Agenda 21, Umwelt- und Siedlungsplanung, Naturschutz, Land- und Waldwirtschaft, Gewässer, Wasser/Abwasser, Verkehr, Energie, Beschäftigung/Vergabe/Abfall und Öffentlichkeitsarbeit. Im Bereich Verkehr belegte Hamm unter den beteiligten Kommunen Platz 1, obwohl damals 40 Kilometer neue innenstädtische Straßen in Planung waren. Im gleichen Jahr wurde der Wettbewerb letztmalig durchgeführt.

Renaturierung der Lippewiesen

Flora im Auenpark, Juni 2023

Zahlreiche Projekte der Stadtplanung befassten sich ab Mitte der 2000er-Jahre schwerpunktmäßig mit der umwelt- und klimagerechten Umgestaltung der Lippewiesen. Dazu zählten die Projekte LIFE (2005–2010) und LIFE+ (2010–2015), die vom Großprojekt Erlebensraum Lippeaue (2018–2023) gefolgt wurden. Anstelle des Baus des 2006 an einem Votum der Bürger gescheiterten Lippesees wurde die Lippeaue renaturiert und in diesem Zuge der Hochwasserschutz verbessert. Es entstand ein neuer Park, der Auenpark.

Als Erfolg gilt die Wiederansiedlung brütender Störche in Hamm sowie die Rückkehr der Biber in der Hammer Lippeaue.

Flächennutzung

Hamm ist arm an Waldflächen. Derzeit liegt die Waldfläche bei etwa neun Prozent des Stadtgebiets. Im landesweiten Vergleich NRW ist das unterdurchschnittlich. Es gibt nur wenige Waldbereiche, die als naturnah einzustufen sind. Neben städtischen Besitzflächen ist der Regionalverband Ruhr (RVR) Waldbesitzer, weitere Flächen sind im Privatbesitz. Besonders der RVR ist in den letzten Jahren durch massive Holzeinschläge aufgefallen. 2019 wurden im Geithewald in Uentrop mehr als 200 Bäume gefällt, etwa knapp 50 Bäume wiesen Bruthöhlen auf.

Mit dem Projekt Hochzeitswald wurde bzw. wird zunächst seit 1995 in Lohauserholz, seit 2020 in Westtünnen Aufforstung durch die Bürger betrieben.

Die landwirtschaftliche Fläche liegt bei etwa 60 Prozent der Stadtfläche. Etwa sieben Prozent sind durch Straßen, Wege und Parkplätze belegt. Die bebaute Fläche liegt bei etwa 14 Prozent, die Wasserflächen bei zwei Prozent (aktuelle Zahlen konnten nicht ermittelt werden).

Politik und Verwaltung

Umweltamt

1989 wurde das Umweltamt mit den Abteilungen für Landschaft, Abfall, Jagd, Fischerei und Wasser geschaffen. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich erheblich. Das Amt wurde im neu geschaffenen Dezernat Umwelt und Recht eingegliedert, ein Dezernent für Umwelt und Recht eingestellt.

Das Umweltamt bietet Werktags in der Zeit von 08.30 bis 15.30 Uhr ein Umwelttelefon an, welches den Bürgern bei Fragen rund um Umweltthemen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Umweltberichte

Das Umweltamt erstellte und veröffentlichte seit 1987 Umweltberichte. Der Umweltbericht 1 befasste sich mit dem Thema „Altablagerungen, Altstandorte und Altlasten in Hamm“. Der letzte nummerierte Umweltbericht 40 befasste sich 2002 mit dem Thema „Grazile und bedrohte Schönheiten, Orchideen in der Stadt Hamm“. Die Serie wurde aus unbekannten Gründen eingestellt.

2020 wurde noch einmal ein Umweltbericht (ohne laufende Nummer) mit dem Titel „Hammer Fische“ herausgegeben.

Umweltpreis der Stadt Hamm

Jährlich schreibt die Stadt Hamm den „Umweltpreis“ aus, der in der Regel mit 2500 Euro dotiert ist. Der „Ausschuss für Klima, Umwelt und Natur“ (AKUN) des Rates erarbeitet die Kriterien, prüft die Bewerbungen und entscheidet über die Preisvergabe.

Landschaftsbeirat und Landschaftswächter

Im Beirat bei der unteren Landschaftsbehörde der Stadt Hamm werden für jeden Stadtbezirk der Stadt Hamm Landschaftswächter vorgeschlagen und anschließend gewählt.

Pro Stadtbezirk gibt es einen oder zwei Landschaftswächter, die unabhängig voneinander arbeiten können. Die Landschaftswächter haben die Aufgabe, Natur und Landschaft zu beobachten, positive Entwicklungen zu unterstützen oder zu initiieren und nachteilige Auswirkungen zu verhindern. Der Landschaftswächter wird als Mittler zwischen Natur und Arten sowie Naturnutzern gesehen und ist Ansprechpartner für die Öffentlichkeit.

Verordnungen

Landschaftspläne

Am 30. September 1989 wurde der erste Landschaftsplan (LP) in Hamm, der LP Hamm-West, rechtskräftig. Planende Behörde war die Untere Landschaftsbehörde der Stadt Hamm im Umweltamt. Die Bearbeitungszeit hatte 14 Jahre betragen. In diesem Planwerk wurden Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete und geschützte Landschaftsbestandteile festgelegt. Es gibt eine Festsetzungskarte und eine Entwicklungskarte, in der Ziele für einzelne Gebiete formuliert werden.

Es folgten die Landschaftspläne Hamm-Ost (24.06.1997) und Hamm-Süd (12.05.2004). Die LPs gelten nur im unbebauten Außenbereich, nicht innerhalb der „im Zusammenhang bebauten Ortsteile“. In den Bestimmungen der Schutzgebiete wird festgeschrieben, welche Tätigkeiten dort erlaubt bzw. nicht erlaubt sind und welche Entwicklungen angestrebt werden. Alle Pläne sind in die Jahre gekommen und müssen überarbeitet werden (Stand 2023).

→ siehe Hauptartikel: Naturschutzgebiete in Hamm

Baumschutzsatzung

Im Jahr 2021 wurde die Baumschutzsatzung reformiert. Bäume sind seitdem in einer Stammhöhe von 100 Zentimeter und einem Stammumfang von ebenfalls 100 Zentimetern geschützt. Obstbäume sind ausgenommen. Ausnahmeregelungen können beantragt werden.

Technischer Umweltschutz

Müllentsorgung

Müllerbrennungsanlage aus der Luft

Die heutigen Bezirke der Stadt Hamm, seinerzeit noch unabhängige Gemeinden und Städte, verfügten teils über eigene Mülldeponien. Zu nennen ist beispielsweise die Deponie der einstigen Gemeinde Wiescherhöfen an der Kreuzung von Auf der Becke und Martinstraße. Die letzte Deponie der kreisfreien Stadt Hamm befand bzw. befindet sich am heutigen Recyclinghof der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Hamm (ASH) an der Straße Am Lausbach.

Die Müllverbrennungsanlage der Stadt Hamm wurde 1985 in Betrieb genommen, zunächst mit einer genehmigten Jahreskapazität in Höhe von 245.000 Tonnen. Seither wurden umfangreiche Optimierungsmaßnahmen durchgeführt. Heute werden jährlich 287.000 Tonnen Hausmüll hier verbrannt. Ursprünglich sollten nur drei der vier Verbrennungsöfen gleichzeitig im laufenden Betrieb sein. Seitdem der Hausmüll des Südkreises Unna auch hier verbrannt wird, laufen alle vier Öfen gleichzeitig, Wartungszeiten ausgenommen. Recycling und Wiederverwertung spielten damals noch eine untergeordnete Rolle. Die Verbrennung wurde gegenüber der bislang praktizierten Deponierung als Fortschritt angesehen.

Einfahrt Recyclinghof

Die städtischen Dienstleistungen rund um Müll und Entsorgung sind in dem öffentlichen Unternehmen Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Hamm (ASH) zusammengefasst. Ab dem 1. Januar 2008 war für die Abholung der Wertstoffe im Gelben Sack kurzzeitig Remondis zuständig. Schon 2010 übernahm die ASH wieder die Abholung der Gelben Säcke, da sich Remondis „auf sein Kerngeschäft im Kreis Unna konzentrieren“ wollte. Die Entsorgung der übrigen Abfälle befand sich dagegen kontinuierlich in der Hand der ASH.

Die Einführung einer blauen Tonne für Altpapier erfolgte Anfang der 2000er-Jahre. Vorher musste das Altpapier an zentralen Sammelstellen, an denen bis heute das Altglas gesammelt wird, abgegeben werden. In den 2010er-Jahren wurde schließlich als Ersatz für die Gelben Säcke, die zuerst in Bürgerämtern, später in Supermärkten abgeholt werden mussten, die orangene Wertstofftonne eingeführt.

Elektroschrott

Das aktuelle Elektroschrottgesetz besagt, dass Geräte bis zu einer Kantenlänge von 25 Zentimetern von Online-Händlern und vom stationären Einzelhandel kostenlos angenommen werden müssen, wenn deren Lagerfläche 400 Quadratmeter und mehr aufweist. Die zu entsorgenden Elektrogeräte müssen vom Händler auch dann angenommen werden, wenn der Kunde diese nicht bei ihm gekauft hat. Erlaubt sind hier haushaltsübliche Mengen. Größere Elektrogeräte müssen vom Einzelhandel angenommen werden, wenn der Kunde ein neues Gerät kauft.

Batterien, Toner, Akkus und Druckerpatronen dürfen nicht über den klassischen Hausmüll oder die Wertstofftonne entsorgt werden, da diese recycelt werden sollen und umweltgefährlich sein können. Sie können an Sammelstellen abgegeben werden. Diese Sammelstellen werden inzwischen in vielen Supermärkten und bei Elektrohändlern in Form von Sammelbehältern kostenlos zur Verfügung gestellt.

Elektroschrott kann daneben stets am Recyclinghof der ASH abgegeben werden.

Umweltverbände

Es gibt in Hamm drei gesetzlich anerkannte Umweltverbände nach dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Landesnaturschutzgesetz NRW.

Die älteste private Umweltverband ist der Naturschutzbund Deutschland Stadtverband Hamm e. V. (NABU). Er wurde 1955 in Heessen als „Deutscher Bund für Vogelschutz“ (DBV) gegründet, bundesweit bereits 1899 in Stuttgart. Nach der Wiedervereinigung in Deutschland nannte sich der Verein im Zusammenschluss mit den ostdeutschen Naturschützern in NABU um. Der „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.“ (BUND), gegründet 1975, und die „Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e. V.“ (LNU), gegründet 1976, sind die beiden weiteren gesetzlich anerkannten Verbände.

Die LNU ist ein Zusammenschluss vieler Vereine aus NRW. Die LNU wird in Hamm von der „Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfeld Landschaft e. V.“ vertreten. Sie stellt die LNU-Koordinationsstelle, die die acht Hammer Mitgliedsverbände vertritt. Es sind: „BI StoppT A445“, „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“, „Naturfreunde Werries“, „Ökologischer Jagdverband Hamm“, „Sauerländischer Gebirgsverein Bockum-Hövel“, „Sauerländischer Gebirgsverein Heessen e. V.“ und „Westfälischer Heimatbund Hamm“. Die LNU-Kreisanlaufstelle beurteilt Landschaftseingriffe nach Umweltkriterien, wie die Bebauungspläne und den Flächennutzungsplan. 2023 musste sich die LNU mehrfach gegen städtische Planungsvorhaben einsetzen, die insbesondere den Insektenschutz nicht beachtete.

Ein großer Kritikpunkt der Umweltverbände ist der aus deren Sicht ungehemmte Freiflächenverbrauch in Hamm. Als Beispiel ist der Inlogparc an der Stadtgrenze zu Bönen zu nennen. Dort sind weitere 50 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche mit sehr guten ackerbaulichen Bodenwerten in der Verplanung der nördlichen Erweiterung des Industriegebiets Inlogparc. Hiergegen wurde die Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft e. V. gegründet.

Auch gegen den Neubau der Bundesstraße 63n (B63n) regt sich bereits Widerstand.

Weitere Vereine mit dem Ziel des Umweltschutzes

  • 1976 gründete sich die „Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm“. Sie setzte sich gegen Atomkraft und den Thorium-Hoch-Temperatur-Reaktor (THTR-300) am Kraftwerksstandort Uentrop ein. Das Kernkraftwerk war ein heliumgekühlter Hochtemperaturreaktor des Typs Kugelhaufenreaktor mit einer elektrischen Leistung von 300 Megawatt. Der THTR wird zu den größten Fehlentwicklungen in Deutschland gezählt.
  • 1993 gründete sich die Projektgruppe Pro Hamm in Hamm. Die sieben Mitglieder legten 1994 einen Katalog von 73 Schlagwörtern vor und veröffentlichten diese in der Broschüre Pro Hamm – Ideen, Vorschläge, Forderungen für eine ökologische Stadt Hamm. Alle Schlagwörter befassten sich mit natur- und umweltpolitischen Themen. Zu ihrer Arbeit angeregt wurde die Gruppe durch die Auszeichnung Ökologische Stadt der Zukunft, die die Stadt Hamm vom Land NRW im Jahr 1992 erhalten hatte.

Trivia

Gelb lackierter Bienenautomat am Caldenhofer Weg
Bienenautomat Caldenhofer Weg
  • In Hamm gibt es drei Bienenautomaten (Bienenfutterautomaten). Es handelt sich um umgebaute Kaugummiautomaten, in denen für 50 ct eine Kugel mit bienenfreundlichem Saatgut erworben werden kann. In den Saatgutkugeln befindet sich auch eine Anleitung zur Aussaat. Für die leeren Kunststoffkugeln gibt es an den Bienenautomaten einen Rückgabebehälter.
  • Die Offene Gartenpforte Hamm fand 2007 zum ersten Mal statt. Private Gartenbesitzer lassen Freunde und Interessierte über die Pforten in ihre privaten Gärten schauen. Die Aktion findet überwiegend zu Terminen im Juni und September statt.

Siehe auch

Weblinks