Tierpark Hamm
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Der im Süden des Bezirks Mitte von Hamm gelegene Tierpark Hamm umfasst nach einer Erweiterung im Jahre 2019 eine Fläche von ca. 9 Hektar[1] und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Familien in Hamm und im Umland. Zu den besonderen Attraktionen des Parks zählen die vielen Neugeburten, über die der Tierpark auf seiner Homepage und auf Aushängen informiert, sowie ein großer Kinder-Abenteuerspielplatz.
Im Jahr 2021 kamen 200.000 Menschen in den Tierpark,[2] 2022 bereits über 300.000.[3]
Geschichte
Am 6. August 1933 gründete der Hammer Buchbinder Fritz Vogel den Verein Tier- und Pflanzengarten, für den am 9. Mai 1934 mit seinen 100 Mitgliedern die Vereinssatzung verabschiedet wurde.[1] Die Idee soll ihm bei einem nächtlichen Spaziergang durch die Lippewiesen gekommen sein.[4] So beginnt die Geschichte des Parks. Die Anlagen für den Tier- und Pflanzengarten wurden im Südenstadtpark errichtet, den die Stadt Hamm zur Verfügung stellte. Die ersten Gehege entstanden in Eigenhilfe. Man schaffte zunächst Fasane, Meerschweinchen und Wellensittiche an. Später kamen Damhirsche, Rehe, Füchse, Dachse und ein Wildschwein hinzu.[4]
Am 30. Juni 1934 eröffnete Bürgermeister Martin Leinberger den so entstandenen ersten Tierpark. Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt schon 6.000 Mitglieder. In den folgenden Jahren besserte er seine Finanzen durch ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm auf, das unter Mitwirkung der Heessener Waldbühne unter anderem im Kurhaus angeboten wurde. Da der Tierpark zusätzlich rund 100.000 Besucher pro Jahr anzog, konnte der Ausbau zügig vorangetrieben werden.
Der erste Tierpark hatte letztlich nur bis zum 22. April 1944 bestand, als er im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört wurde. Nach einer privaten Zählung sollen während des Krieges mehr als 166 Bomben auf das Gelände gefallen sein.[4] Auch Tierparkgründer Vogel starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg.[5][6]
Nachkriegszeit
Erst 1950 begann der Wiederaufbau der Anlagen und des Tierbestandes. Dieser zweite Tierpark hatte jedoch nur noch einen zoologischen Schwerpunkt und verzichtete auf die botanische Ausrichtung. Am Pfingstsonntag des 13. Mai 1951 wurde der Tierpark offiziell wiedereröffnet.
Der Tierpark konnte zunächst einen Aufwärtstrend verzeichnen. 1957 stand der Verein allerdings kurz vor der Insolvenz. Spenden und ein Zuschuss seitens der Stadt sorgten für das Überleben des Tierparks, der in den Folgejahren immer weiter ausgebaut wurde.[5][6]
seit den 1970er-Jahren
1977 wurde das Tierasyl der Stadt Hamm am Tierpark eingerichtet. Zwei Jahre später wurde vom Trägerverein zusammen mit der Stadt das Naturkundemuseum in Angriff genommen. Dr. Günter Rinsche, damaliger Oberbürgermeister der 1975 zur Großstadt avancierten Stadt Hamm, legte am 24. September 1979 den Grundstein. Das so entstandene Gebäudeensemble im Zentrum des Parks wurde nach mehrfachen Verzögerungen am 23. März 1982 der Öffentlichkeit übergeben. Das gesamte Projekt hatte 1,4 Millionen DM gekostet,[7][8] für die die Stadt den Kapitaldienst übernahm.
Am 10. April 1986 wurde das Tierparkcafé eröffnet.[6]
2000er-Jahre
71 Jahre nach seiner Gründung musste der Verein Tierpark Hamm e.V. am 18. Dezember 2004 aus betriebswirtschaftlichen Gründen aufgelöst werden. Um den Tierpark dennoch zu erhalten, wurde dieser per 1. Januar 2005 in eine GmbH überführt. Diese betreibt seither den Tierpark. Hauptgesellschafter, der Tierpark Hamm gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde die Lebenshilfe Hamm e. V., die das Ziel verfolgte, den Tierpark als Integrativbetrieb weiter zu führen. Nicht ganz unbeteiligt an dieser Entwicklung war Stadt Hamm, die ihre Zuschüsse gekürzt hatte.
seit den 2010er–Jahren
Um den Januar 2015 musste der Tierpark sein Naturkundemuseum schließen. Die Exponate der Dauerausstellung waren zum Teil beschädigt oder verfallen, auch drohte eine Ausgasung einzelner Stücke. Zudem war absehbar, dass der Komplex selbst saniert werden müsste. Tierparkdirektor Kay Hartwich sagte 2015 gegenüber dem WA:
Kuratorisch ist das Museum in der Vergangenheit vernachlässigt worden. Da wurde nie viel Energie reingesteckt.
Noch verwertbare Exponate wurden in das Naturkundemuseum Münster überführt.[8] Nachdem einige Jahre zumindest noch die Toilette in dem Gebäude geöffnet war, wurde es im Sommer 2022 abgerissen. An dieser Stelle entsteht stattdessen ein neues Gehege für die Gibbons.[9]
Tiere
Der Tierpark Hamm hält 2023 nach eigenen Angeben noch rund 550 Tiere aus 80 Arten[10]. Anfang 2011 waren es 800 Tiere aus 125 Arten, 2006 ca. 600 Tiere. Die zunehmende Verkleinerung der Anzahl der gehaltenen Tiere erfolgte bewusst, um den einzelnen Tieren mehr Platz einzuräumen und eine artgerechtere Haltung zu ermöglichen.
Haltungsschwerpunkte sind Schmalnasenaffen (Mandrill, Pavian (Mischlingsform)), Huftiere (Elenantilope, Nilgauantilope, Hirschziegenantilope, Steppenzebra, Dafassa-Wasserbock etc.) und Haustiere (Yak, Trampeltier, Alpaka, Vierhornschaf, -ziege etc.).
Im August 2008 wurden fünf Sibirische Tiger im Tierpark Hamm geboren. Die Elterntiere Shakira und Eyk waren Leihgaben des Tierparks Nadermann in Delbrück. Die Trächtigkeit der Tigerin blieb bis zur Geburt in die frühen Morgenstunden des 15. August 2008 verborgen. Der Sibirische Tiger gilt als akut vom Aussterben bedroht; die letzte großangelegte Zählung im Winter 2014/15 ergab nach Angaben des WWF 523 bis 540 Exemplare in Russland, weitere zehn in China.[11] Die fünf jungen Tiger, die in Hamm geboren wurden, leisten somit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Art in zoologischen Gärten. Die Tigerin ging später zurück nach Delbrück, das Vatertier wurde einem Zuchtprogramm in Südafrika übergeben.[12]
Nach der Geburt der Tiger forderte die Stadt im September 2008 die Bürger auf, Namensvorschläge für die Jungtiger einzureichen. Die Jury, zu der auch der damalige Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann gehörte, wählte fünf Siegesnamen aus und die Tiger wurden Kira, Hammlet, Shiva, Shaki und Taiga getauft. Alle Tiger wuchsen im Tierpark Hamm auf. Shiva, Shaki und Taiga wurden später an den kanadischen Zoo Sauvage de St-Félicien in Saint-Félicien in Quebec verkauft.[13] Im August 2019 ist Tiger Hammlet unerwartet an einem Herzversagen verstorben.[14] Heute (März 2023) lebt nur noch Kira im Tierpark Hamm.
Affenarten
Einer der Haltungsschwerpunkte des Tierparks waren und sind Affenarten. Zwischenzeitlich hielt er mindestens 62 Tiere, verteilt auf die folgenden Arten:
- Weißhandgibbons
- Borneo-Gibbons
- Java-Affen
- Kapuzineraffen
- Magots
- Mantelpaviane
- Schweinsaffen
- Kattas
- Mandrills
- Husarenaffen
- Weißkopfmaken
- Rotgesichtsmakaken
- Schopfmakaken und
- Weißbüscheläffchen.
Bis in die 1990er-Jahre konnten die Affen dabei über Rutschen, die von der Umzäunung ins Gehege führten, mit dem Inhalt an der Kasse verkaufter Waffeltüten gefüttert werden. Aus Tierschutzgründen wurde dieses Angebot später eingestellt.
Seit den 2010er-Jahren wurde die Anzahl der gehaltenen Primatenarten bewusst verkleinert.
Raubtiere
Um das Jahr 2006 verfügte der Tierpark über ca. 13 Carnivoren, darunter Löwen, Puma, sieben Sibirische Tiger und Nasenbären.
Im Februar 2015 starb das Sri-Lanka-Leoparden-Weibchen Shankiri nach einer Notoperation wegen eines Tumorverdachts. Es handelte sich dabei um den letzten Sri-Lanka-Leoparden in deutschen Zoos – weltweit in Zoos gibt es nur noch ca. 60 Exemplare und 300–600 Tiere in freier Wildbahn.[15] Hamm hatte damit am Europäischen Zuchterhaltungsprogramm teilgenommen, es kam allerdings nicht zu Nachkommen. Auch nach dem Tod des Löwenpärchens wurden bewusst keine neuen Löwen mehr angeschafft.
Selten in deutschen zoologischen Gärten zu sehen sind die Fossas aus Madagaskar. Sie bewohnen verschiedene Waldtypen, sowohl Regen- als auch Trockenwälder, und kommen auch in mit Bäumen bestandenen Savannengebieten vor. Der Tierpark plant, sich künftig an der Erhaltungszucht der durch großflächige Rodungen auf Madagaskar gefährdeten Art zu beteiligen.
Huftiere
Um das Jahr 2006 besaß der Tierpark ca. 22 Kameliden (sowohl Neuwelt- als auch Altweltkameliden) der Arten Trampeltier, Alpaka, Guanako, Lama und darüber hinaus 106 Paarhufer der verschiedener Arten, darunter Zwergzebu, Damhirsch, Dybowskihirsch, Elenantilope, Nilgauantilope, Kamerunschaf, Vierhornschaf, Zwergziege, Stachelschwein, Yak, Vierhornziege, Hirschziegenantilope und Wasserbock.
Eine Rarität ist die Haltung der Vierhornziege, einer Nutztierrasse, die zu den seltenen Haustierrassen der Alpenregion gehört und sonst in Deutschland nur noch im Tierpark Bad Pyrmont und Tierpark Gotha gehalten wird.[16]
Weitere Arten
Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl anderer Arten vom Wild- und Parkgeflügel über exotische Vogelarten und Reptilien zu den Kleinsäugern, insgesamt rund 600 Tiere in ca. 100 Arten.
Besucherzahlen
Jahr | Besucher |
---|---|
2005 | 125.000 |
2021 | 200.000 |
2022 | 300.000 |
Fotos
Presseberichte
Haltestelle
Literatur
- Anneliese Beeck: Hammer Bürger standen Pate für den Tierpark. Am 6. August 1933 wurde der Tierpark durch eine mutige Bürgerinitiaitive gegründet. In: Unser Westfalen 2008, S. 81 f.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Tierpark Hamm im Ruhr-Guide. Abgerufen am 4. März 2023.
- ↑ Sarah Hanke: „Tierpark: Mehr Besucher als je zuvor, doch manche(r) vergreift sich im Ton.“ in: Wa.de vom 5. Februar 2022
- ↑ „Glücklich trotz Schietwetter: Familie Holz macht die 300.000 voll.“ in: Wa.de vom 28. Dezember 2022
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Historie des Tierparks in: Tierpark-Hamm.de, abgerufen am 4. März 2023.
- ↑ 5,0 5,1 Anneliese Beeck: Hamm unterm Hakenkreuz. 1930–1945. Westfälischer Anzeiger Verlagsgesellschaft. Hamm 2007. ISBN 978-3-924966-33-1.
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Hans-Karl Dotter und Anneliese Beeck: Streiflichter aus unserer Stadt. Hammer Wochenkalender 1991. Der Westfälische Anzeiger war dabei. Rückblick auf 25 Jahre Stadtgeschichte. Hamm 1991.
- ↑ Vgl. Dotter, Hans-Karl; Beeck, Anneliese: Bilder-Chronik. Aus 25 Jahren Hammer Stadtgeschichte 1965-1990, S. 101.
- ↑ 8,0 8,1 Wa.de vom 28. Januar 2015
- ↑ Wa.de vom 22. Juni 2022
- ↑ Offizieller Flyer und Lageplan 2023
- ↑ Monitoring der Bestandsentwicklung. WWF. 11. April 2016, abgerufen am 4. März 2023.
- ↑ Cedric Sporkert: Tiger "Hammlet" wird zehn: Vom Kätzchen zum Raubtier. Westfälischer Anzeiger. 28. August 2018, abgerufen am 4. März 2023.
- ↑ Der ausgezeichnete Zoo. In: Hamm-Magazin, Ausgabe 36, Mai 2009, Seite 6 (Online-Version).
- ↑ Sarah Hanke: Warum Tigerin „Kira“ im Hammer Tierpark keinen neuen Partner bekommt. Westfälischer Anzeiger. 9. Februar 2022, abgerufen am 4. März 2023.
- ↑ „Trauer im Tierpark: Leopardin ‚Shankiri‘ tot“ in: Wa.de vom 20. Februsar 2015
- ↑ Aktuelle Haltungen Vierhornziege In: Zootierliste.de