Horten
Das Warenhaus der Horten AG befand sich von 1970 bis 2007 am Willy-Brandt-Platz und der Bahnhofstraße. Neben Ter Veen, Kaufhof und Kaufhalle war es das vierte Kaufhaus in unmittelbarer Nachbarschaft. Obwohl es das jüngste und größte unter diesen Häusern war, schloss es als erstes seine Pforten.
Nach einem Leerstand von 2005 bis 2007, mangels Kaufinteressenten und aufgrund seines hohen Sanierungsbedarfs wurde das Gebäude zwischen 2007 und 2008 abgerissen, um an seiner Stelle das Heinrich-von-Kleist-Forum zu errichten.
Die Tiefgarage des Warenhauses, die sich unterhalb des Willy-Brandt-Platzes befindet, wurde hingegen saniert und ist unter Verwaltung durch die Stadtwerke Hamm heute als öffentliches, gebührenpflichtiges Parkhaus wieder in Betrieb.
Geschichte des Horten-Gebäudes
Auf dem Grundstück des späteren Warenhauses befanden sich bis in die 1960er-Jahre das Café Corso, ein kleiner Park, ein Parkplatz, ein Zeitungskiosk sowie eine Bushaltestelle an der Bahnhofstraße. Diese mussten allesamt dem neuen Warenhaus weichen.
Das Warenhaus wurde am 1. Oktober 1970 unter Anwesenheit des Firmengründers, Helmut Horten, eröffnet und bot als sogenannter Vollsortimentler von Autozubehör, über Lebensmittel, Haushaltswaren und Möbel, bis hin zu Sportartikeln und Spielzeug, nahezu sämtliche Artikel des alltäglichen Bedarfs an.
Zu seinen besonderen Annehmlichkeiten zählten zur Eröffnung ein Café-Restaurant („bon appetit“), das Grillrestaurant Kupferspiess, die Mode-Boutiquen Miss H und Der Herrenausstatter und ein Horten-Reisebüro. Daneben verfügte das Gebäude mit einer eigenen Tiefgarage, die direkten Zugang zum Kellergeschoss des Warenhauses ermöglichte, über 400 gebührenpflichtige Stellplätze für PKW auf zwei Parkdecks.
Architektur und Grundriss
Der Neubau der Horten AG mit seiner Fassade aus den charakteristischen sogenannten Horten-Waben (Horten-Kacheln) war ein typischer Bau der 1970er-Jahre. Die Verblendung der Fassade mit Horten-Waben ermöglichte einen Verzicht auf Fenster und somit eine Maximierung der Nutzfläche im Gebäudeinneren und flexible Grundrisse. Der Komplex verfügte über eine Grundfläche von 18.000 m², wovon (laut Werbeflyern zu seiner Eröffnung) 10.000 m² tatsächliche Verkaufsfläche waren.
Im Inneren war das Gebäude hauptsächlich in Braun- und Beigetönen und mit Messing ausgekleidet. Eine Besonderheit für die 70er-Jahre, die die Werbung zur Eröffnung auch besonders hervorhob, waren die „gläsernen Rolltreppen“ (gemeint waren die Seitenwände), die in einem zentral gelegenen, kreisrund ausgeschnittenen Treppenhaus die Fahrt ins Keller- oder Obergeschoss ermöglichten.
Der Zutritt zum Gebäude war über einen Eingang auf der dem Bahnhof zugewandten Seite, zwei Eingänge auf der Bahnhofstraße (auf Höhe der Zufahrt zum Parkhaus sowie nahe des Kaufhauses Ter Veen) und durch eine Passage in Richtung des angrenzenden Kaufhof (an der Luisenstraße) möglich. In dieser Passage waren im Laufe der Jahre verschiedene (nicht mit Horten assoziierte) Kleinbetriebe ansässig, zuletzt u. a. ein Schuster mit Schlüsseldienst und eine Lotto-Annahmestelle mit Schreibwarenhandel.
Entwicklung seit dem Jahr 2000
Von 1970 bis 2000 betrieb Horten das Haus selbst, bis es im Zuge der Übernahme der Horten AG durch die Kaufhof AG, aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zum Kaufhof Hamm, geschlossen wurde. Ab 2000 nutzte die Firma Yimpas das Warenhaus als Mieter mit vergleichbarem Warenangebot, wenn auch leicht angepasst auf die Bedürfnisse türkischer Bürger, bis man das Geschäft im Jahr 2005 wieder aufgab. Danach wurde es noch einige Zeit von einem 1-Euro-Shop angemietet; zu dieser Zeit war jedoch nur das Erdgeschoss geöffnet. Als vorletzter Mieter betrieb der Verein Pro-Lippesee in einem Außenflügel, dem ehemaligen Horten-Reisebüro gegenüber der Businsel, zur Bewerbung des Lippesee-Projekts bis 2006 ein Büro. Langjähriger und letzter verbleibender Mieter war eine ausschließlich als Außengastronomie betriebene Schanzenbach-Filiale an der Bahnhofstraße
Das Gebäude war Mitte der 2000er-Jahre aufgrund des nicht mehr zeitgemäßen Designs, seiner nicht vom damaligen Einzelhandel nachgefragten hohen gewerblichen Nutzfläche und seines Sanierungsbedarfs nicht mehr für potenzielle Käufer attraktiv. Zusätzlicher Handlungsbedarf ergab sich aus der Tatsache, dass das leerstehende Gebäude direkt am Hauptbahnhof lag. 2006 gab die Stadt Hamm schließlich den Abriss und die Neubebauung für ein Kultur-und Bildungszentrum bekannt.
Am 28. April 2007 öffnete das Gebäude für die Hammer Bürger schließlich noch einmal zur letzten großen Besichtigung. So gab es neben einem Bücherbasar und Trödelmarkt auch die Möglichkeit, an Führungen teilzunehmen, die auch durch die nicht öffentlichen Bereiche und auf das Dach führten, oder eine von 300 (hierfür frühzeitig demontierten) Horten-Kacheln zu je 24,50 € gegen Spendenquittung zu erstehen.
Abriss (ab 2007)
Die Stadt kaufte das Horten Gebäude und die ehemalige Kaufhalle für 4,2 Millionen Euro. An Stelle des ehemaligen Horten-Gebäudes sollte ein Neubau für die Zentralbibliothek, die private SRH-Fachhochschule für Logistik und Wirtschaft und die Volkshochschule entstehen, das spätere Heinrich-von-Kleist-Forum. Unter 27 Vorschlägen für das neue Wissenschafts- und Bildungszentrum am Standort des heutigen Horten-Gebäudes setzte sich der Entwurf des Architekten-Büros ap plan mory osterwalder vielmo aus Stuttgart durch – mit einstimmigem Votum der Jury.
Während des Abrisses, der ursprünglich von Juli bis Dezember 2007 dauern sollte, war die Baustelle von einem Zaun umgeben. Er war 310 Meter lang, zwei Meter hoch und aus blankem Sperrholz. Im August 2007 verwandelte er sich in ein Gesamt-Kunstwerk mit Aussichtsturm, Bullaugen, Bildern und historischen Motiven vom Bahnhofsvorplatz, welches die Baustelle verschönern sollte. Der Abriss des Gebäudes endete, entgegen der Planungen, erst Anfang 2008. Der Grund der Verzögerungen war, dass Teile der Betonfassade des Horten-Komplexes offenbar unmittelbar an angrenzende Häuser gegossen worden waren, was eine aufwändige Abtragung notwendig machte.
Am 26. Februar 2010 wurde der Nachfolgebau, das Heinrich-von-Kleist-Forum, schließlich feierlich eröffnet.
Städtebauliches und historisches Erbe des Horten-Komplexes
Von den ehemals 18.000 m² Grundfläche des Gebäudes wurden letztendlich 10.000 m² bebaut. Für die übrigen 8.000 m² gab es zunächst zwei verschiedene Ideen: 1) Die Errichtung einer parkähnlichen Fläche oder 2) den Bau eines Hotels. Das Hotel hätte die Architektur des Kleist-Forums weitestgehend gespiegelt. Da für den Hotelkomplex kein Investor gefunden werden konnte, wurde letztendlich ein Platz errichtet, der heutige Platz der Deutschen Einheit. Dessen Entwurf setzte sich in einem gesonderten Architekturwettbewerb durch, der bei der Ausschreibung für das Gebäude seinerzeit noch nicht inkludiert war.
Vom Abriss war die Horten-Tiefgarage nicht betroffen, da sie nach Sanierung inzwischen für das Heinrich-von-Kleist-Forum weitergenutzt wird. Die Sanierung umfasste die Schaffung weiterer Zugänge, die Ausstattung mit hellerer Beleuchtung, den Anstrich von Wänden und Böden in freundlichen Farben, die Überholung der Brandschutz- und Sprinkleranlagen und die Schaffung eines Büros für die Überwachung der Garage durch Videoüberwachung.
Horten-Fassade
Gestaltet wurde die Waben-Fassade bzw. die Horten-Kachel seinerzeit von dem deutschlandweit bekannten Architekten Egon Eiermann. Sie stellt ein stilisiertes „H“ für Horten dar. Die Kachel war in ihrer ersten Version, die für den Bau des Kaufhauses in Heidelberg verwendet wurde, ein „X“ in einem Quadrat und aus Beton. Endgültig wurde daraus ein „H“ aus Aluminium. Es verkleidete die Fassaden nahezu aller Horten-Kaufhäuser. Jede Kachel ist etwa 50 x 50 Zentimeter groß, 15 – 20 Zentimeter tief und wiegt ca. fünf Kilogramm. Zur Verhinderung des Nistens von Tauben war die gesamte Fassade mit einem engmaschigen Drahtgeflecht überspannt.
Seine für die 70er-Jahre stilprägende Fassade war gleichzeitig ein wesentlicher Faktor dafür, dass das Gebäude in den 2000er-Jahren zunehmend als Fremdkörper aufgefasst wurde, der in keinerlei Bezug zu angrenzenden Bauten stehe und durch seine undurchdringliche Fassade zu voluminös wirke.
Von den insgesamt ca. 7.000 Fassadenelementen wurden nahezu alle mit dem Abriss des Horten-Gebäudes verschrottet. Der Verbleib der übrigen Kacheln gestaltet sich wie folgt:
- Als bleibendes Erinnerungsstück wurden 300 Hortenkacheln zu einem Stückpreis von 24,50 € angeboten. Auf einer in Messing-Optik gehaltenen, zur jeweiligen Kachel hinzugefügten Plakette steht, woher die Kachel stammt und welche Nummer der limitierten Auflage sie hat, z. B.: "Horten-Gebäude, Hamm - 1970 bis 2007 - 222/300".
- 550 der ehemaligen Horten-Kacheln aus Hamm wurden für die Außenfassade einer Bücherei in Magdeburg verwendet, die damit im Jahr 2009 bestückt wurde.
- Eine der Hammer Horten-Kacheln kann heute im Gustav-Lübcke-Museum als Teil der Dauerausstellung besichtigt werden.