Hohe Straße 71

Version vom 21. November 2024, 04:13 Uhr von Gustav1960 (Diskussion | Beiträge) (→‎Abriss: Ergänzung)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Das Objekt Hohe Straße 71 wurde am 25. Februar 1899 seiner Bestimmung als erste höhere Bildungseinrichtung für Mädchen („Höhere Töchterschule“) der Stadt Hamm übergeben. Das eigens zu diesem Zweck errichtete Gebäude steht damit am Anfang eines historischen Bildungswandels in der Kaiserzeit.

Fassade (Teilansicht) Abggerissen 2010
Ansicht vom Parkplatz, Abgerissen 2010
Eingangstür (früher: Pestalozzischule), Abgerissen 2010

Geschichte

1925 wechselte die bestehende Schule – das erste Oberlyzeum der Stadt, heutiges Beisenkamp Gymnasium – in ein anderes Gebäude und wurde vom Realgymnasium – der vormaligen katholischen Rektoratsschule – beerbt. Diese nutzte das Gebäude mit kriegsbedingten Unterbrechungen und unter verschiedenen Namen sowie teilweise mit anderen Schulen bis 1973.

So fanden sich 1946 folgende Schulen in der Hohe Straße zusammen: das Realgymnasium – zwischenzeitlich Graf Adolf von der Mark Oberschule – und die Oberrealschule Hamm – Freiherr vom Stein Schule. Gemeinsam bildeten sie das Städtische Mathematisch-Naturwissenschaftliche und Neusprachliche Gymnasium Hamm (Westf.), das erst 1951 wieder geteilt wurde.

Ab 1951 ist der Neusprachliche Zweig des Gymnasiums zusammen mit der Kaufmännischen Berufschule und der Hilfsschule im Gebäude untergebracht.

1970 erhielt das Gymnasium den Namen Märkisches Gymnasium, zog dann jedoch 1973 in einen eigenen Neubau an der Wilhelm-Liebknecht-Straße.

Zwischen 1973 und 1976 erfolgte eine größere Renovierung und das Gebäude wurde fortan von der Pestalozzischule und der Harkortschule genutzt. Diese Nutzung endete 1993. Als Nachnutzung wurde die Volkshochschule Hamm mit einer öffentlichen Begegnungsstätte eingerichtet. Sie nahm 1995 den Betrieb auf und befindet sich seit 2010 im Heinrich-von-Kleist-Forum am Hauptbahnhof.

Somit war die Hohe Straße 71 ein Schmelztiegel der bewegten Hammer Schulgeschichte und der Lebensgeschichten tausender Bürger der Stadt Hamm. Gleichzeitig ist sie sichtbares Zeugnis eines Sinneswandels in der kaiserlichen Schul- und Bildungspolitik. Mit ihrer Einrichtung konnten erstmals in Hamm Mädchen und junge Frauen eine höhere Bildung erhalten.

1891 hatte der Reichstag sich erstmals mit der Zulassung von Frauen zu deutschen Universitäten befasst, hatte diese jedoch verworfen. Die Entwicklung war dennoch nicht mehr aufzuhalten. So kam es 1901 in Baden zur Zulassung von Frauen zu Höheren Jungenschulen und Hochschulen.

1913 waren dann bereits 4,3% der Studierenden in Deutschland Frauen.

Die allgemeine Bestrebung zur Verbesserung der Rechtsstellung der Frau findet somit schon sehr früh einen Widerhall in Hamm.

Das Gebäude und die Baumaßnahmen

  • 1899 Fertigstellung und Übergabe.
  • 1907 Ausbau.
  • 1927-1929 Anbau in gleichem Baustil wie JVA, Polizei, Amtgericht und Finanzamt.
  • An den Hauptbau Westseite angeschlossen. Der Hauptbau bleibt ansonsten unverändert.
  • 1944 Brandbombentreffer: Das Obere Stockwerk brannte aus. Die beiden Untergeschosse wiesen ausschließlich Schäden am Inventar auf.
  • 1946 Notdürftige Instandsetzung der Schule.
  • 1950 Erneute Reparatur des Gebäudes.
  • 1973-1976 Grundinstandsetzung.
  • 1993-1994 Renovierung für die VHS Hamm.[1]
  • 2010 Abriss

Abriss

Das historische Schulgebäude an der Hohe Straße wurde nach erfolgter Entkernung vom 8. Februar bis 10. Februar 2010 abgerissen. Vorangegangen waren ein ablehnendes Gutachten des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege beim LWL im Jahr 1990 in dem ein Denkmalwert des Gebäudes von 1899 (im Schreiben des Amtes falsch datiert auf 1902) negiert wurde. Als Begründung wurde angeführt, dass durch den Bombenschaden von 1944 und die Notrenovierung sowie die weiteren Renovierungen der Nachkriegszeit der Denkmalwert untergegangen sei. Erneute Bemühungen der Bürgerschaft und des Geschichtsvereins, das Gebäude dennoch unter Denkmalschutz zu stellen, scheiterten an der stets gleichen Begründung. Das Gebäude wurde auf Veranlassung der CDU und FDP Ratsmehrheit schließlich an die Volksbank Hamm auf Abbruch verkauft. Auf eine öffentliche Diskussion über einen Erhalt des Gebäudes oder wenigstens der Fassade ließ sich die Volksbank Hamm nicht ein. Der Antrag der SPD Fraktion im Rat den Abbruch aufzuschieben, bis Klarheit über die geplante Fusion der Volksbank Hamm mit der Volksbank Dortmund bestehen würde, ist in der Ratssitzung am 9. Februar 2010 abgelehnt worden, ohnehin hatte die Volksbank bereits damit begonnen Fakten zu schaffen.

An Stelle des Gebäudes, das von 1995 bis Januar 2010 Sitz der Volkshochschule Hamm war, ist nun entgegen früherer Planungen nicht der Firmensitz der Volksbank entstanden, sondern ein Kunden- und Schulungscenter.

Fotos vom Abriss

Presseberichte

Literatur

  • Andreas von Scheven: Auf dem Schulweg fotografiert. Der bergische Fotograf Wilhelm Fülle holte 1899 den Hammer Schulneubau der Töchterschule und seine Schülerinnen vor die Kamera, in: Unser Westfalen 2007, Seite 97f

Einzelnachweise

  1. WA Forum 23. Januar 2010, Quelle "T.H."