Winfried Masannek: Unterschied zwischen den Versionen
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Im Volksmund wurde er allgemein als „Doppeldoktor“ bezeichnet. Im April [[1986]] kam heraus, daß der „Doppeldoktor“ gar keiner war: Die Urkunden sowohl des angeblich [[1972]] erworbenen ''Dr. jur.'' wie auch des vermeintlich [[1975]] erlangten ''Dr. rer. pol.'' waren gefälscht. Volkswirtschaft hatte der Kommunalbeamte | Im Volksmund wurde er allgemein als „Doppeldoktor“ bezeichnet. Im April [[1986]] kam heraus, daß der „Doppeldoktor“ gar keiner war: Die Urkunden sowohl des angeblich [[1972]] erworbenen ''Dr. jur.'' wie auch des vermeintlich [[1975]] erlangten ''Dr. rer. pol.'' waren gefälscht. Volkswirtschaft hatte der Kommunalbeamte nie studiert und seine Noten für das Erste und Zweite juristische Staatsexamen besser dargestellt, als sie tatsächlich waren. Im Zuge der Aufdeckung der Urkundenfälschungen kam zudem die Bestechlichkeit Masanneks ans Licht. Auch soll er unter dem Vorwand einer „Heidschnuckenzucht“ und einer Baumschule ein Anwesen mitten im Naturschutzgebiet errichten lassen haben.<ref>Rüdiger Liedtke: Skandal-Chronik. Das Lexikon der Affären und Skandale in Wildwest-Deutschland. Eichborn 1987, S. 34.</ref> | ||
1989 wurde er wegen Bestechlichkeit und Urkundenfälschung rechtskräftig zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach der Verbüßung zog er sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück und verstarb 2024 im Alter von 89 Jahren. | 1989 wurde er wegen Bestechlichkeit und Urkundenfälschung im zweiten Verfahren rechtskräftig zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach der Verbüßung zog er sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück und verstarb 2024 im Alter von 89 Jahren. | ||
== Aufdeckung der Urkundenfälschungen == | == Aufdeckung der Urkundenfälschungen == | ||
Der [[Westfälischer Anzeiger|Westfälische Anzeiger]] deckte die Urkundenfälschungen auf, als seine Angaben bezüglich der Erlangung der Doktortitel überprüft wurden und vergeblich nach seinen Doktorarbeiten gefahndet wurde. Aufgefallen war sein als hemdsärmelig zu bezeichnender Arbeitsstil. Pikant war seine Reaktion, wenn er in Sitzungen von Mandatsträgern der Opposition mit „Dr. Masannek“ angeredet wurde; er legte Wert auf die Anrede „Dr. Dr.“. | Der [[Westfälischer Anzeiger|Westfälische Anzeiger]] deckte die Urkundenfälschungen auf, als seine Angaben bezüglich der Erlangung der Doktortitel überprüft wurden und vergeblich nach seinen Doktorarbeiten gefahndet wurde. Aufgefallen war sein als hemdsärmelig zu bezeichnender Arbeitsstil. Pikant war seine Reaktion, wenn er in Sitzungen von Mandatsträgern der Opposition mit „Dr. Masannek“ angeredet wurde; er legte Wert auf die Anrede „Dr. Dr.“. | ||
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== Bestechungsskandal == | == Bestechungsskandal == | ||
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Die Staatsanwaltschaft Dortmund klagte Masannek wegen Urkundenfälschung an. Bei den Akten fanden die Ermittler unter anderem einen hoch dotierten Beratervertrag (Honorar-Tagessatz: 800 bis 8000 Deutsche Mark) zwischen Masannek und der Deutschen Babcock AG, wo Masannek „Planungen für die Lösung von Entsorgungsproblemen“ erarbeiten sollte. Babcock zählte zu den Marktführern bei [[Müllverbrennungsanlage]]n und hatte in den 80er-Jahren im Stadtteil [[Bockum-Hövel]] eine solche Anlage für ca. 60 Millionen Euro errichtet. Eifrigster Fürsprecher des umstrittenen Projekts war Winfried Masannek. Einwendungen von Naturschutzverbänden in der Planungsphase, die sich u. a. auf den Standort in der ökologisch wertvollen Lippeaue bezogen, wurden von ihm regelrecht „vom Tisch gewischt“. Ein Babcock-Vertreter hatte die MVA in einer Sitzung des Umweltausschusses sogar als „Kleinod in der Lippeaue“ bezeichnet. | Die Staatsanwaltschaft Dortmund klagte Masannek wegen Urkundenfälschung an. Bei den Akten fanden die Ermittler unter anderem einen hoch dotierten Beratervertrag (Honorar-Tagessatz: 800 bis 8000 Deutsche Mark) zwischen Masannek und der Deutschen Babcock AG, wo Masannek „Planungen für die Lösung von Entsorgungsproblemen“ erarbeiten sollte. Babcock zählte zu den Marktführern bei [[Müllverbrennungsanlage]]n und hatte in den 80er-Jahren im Stadtteil [[Bockum-Hövel]] eine solche Anlage für ca. 60 Millionen Euro errichtet. Eifrigster Fürsprecher des umstrittenen Projekts war Winfried Masannek. Einwendungen von Naturschutzverbänden in der Planungsphase, die sich u. a. auf den Standort in der ökologisch wertvollen Lippeaue bezogen, wurden von ihm regelrecht „vom Tisch gewischt“. Ein Babcock-Vertreter hatte die MVA in einer Sitzung des Umweltausschusses sogar als „Kleinod in der Lippeaue“ bezeichnet. | ||
Aktuelle Version vom 13. November 2024, 16:22 Uhr
Winfried Michael Masannek (* 5. September 1934, † 13. Juni 2024 in Hamm) war Dezernent für Wirtschaftsförderung, Sport und Müllbeseitigung in Hamm. Fälschlicherweise hatte er behauptet, zwei Doktortitel erlangt zu haben. Durch weitere Ermittlungen geriet er ins Zentrum eines Bestechungsskandal um den Bau der Müllverbrennungsanlage in Bockum-Hövel.
Werdegang
Winfried Masannek war Berglehrling und Grubensteiger, dann besuchte er das Abendgymnasium und machte sein Abitur, schließlich studierte er Jura und – nach eigenen, gefälschten Behauptungen – Volkswirtschaftslehre, beides mit angeblicher Promotion.
Als CDU-Mitglied wurde er in der damals selbstständigen Bockum-Hövel Beigeordneter. Mit der Kommunalen Neuordnung 1975 wurde er von der Stadt Hamm als Rechtsdezernent übernommen, später war er als Sport- und Wirtschaftsdezernent tätig.[1]
Im Volksmund wurde er allgemein als „Doppeldoktor“ bezeichnet. Im April 1986 kam heraus, daß der „Doppeldoktor“ gar keiner war: Die Urkunden sowohl des angeblich 1972 erworbenen Dr. jur. wie auch des vermeintlich 1975 erlangten Dr. rer. pol. waren gefälscht. Volkswirtschaft hatte der Kommunalbeamte nie studiert und seine Noten für das Erste und Zweite juristische Staatsexamen besser dargestellt, als sie tatsächlich waren. Im Zuge der Aufdeckung der Urkundenfälschungen kam zudem die Bestechlichkeit Masanneks ans Licht. Auch soll er unter dem Vorwand einer „Heidschnuckenzucht“ und einer Baumschule ein Anwesen mitten im Naturschutzgebiet errichten lassen haben.[2]
1989 wurde er wegen Bestechlichkeit und Urkundenfälschung im zweiten Verfahren rechtskräftig zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach der Verbüßung zog er sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück und verstarb 2024 im Alter von 89 Jahren.
Aufdeckung der Urkundenfälschungen
Der Westfälische Anzeiger deckte die Urkundenfälschungen auf, als seine Angaben bezüglich der Erlangung der Doktortitel überprüft wurden und vergeblich nach seinen Doktorarbeiten gefahndet wurde. Aufgefallen war sein als hemdsärmelig zu bezeichnender Arbeitsstil. Pikant war seine Reaktion, wenn er in Sitzungen von Mandatsträgern der Opposition mit „Dr. Masannek“ angeredet wurde; er legte Wert auf die Anrede „Dr. Dr.“.
Eine eingehende Prüfung der beiden Urkunden ergab, dass die Unterschriften der beiden unterzeichnenden Professoren, Ernst Helmstädter und Hans Kiefner, schlicht imitiert worden waren. Zudem hatte man ein Siegel verwendet, das von der ausstellenden Stelle der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster bereits nicht mehr verwendet wurde. Auch datierte die Urkunde des Dr. jur. auf einen Tag in den Semesterferien, an dem die zuständige Stelle keinerlei Urkunden ausstellt.
Bestechungsskandal
Die Staatsanwaltschaft Dortmund klagte Masannek wegen Urkundenfälschung an. Bei den Akten fanden die Ermittler unter anderem einen hoch dotierten Beratervertrag (Honorar-Tagessatz: 800 bis 8000 Deutsche Mark) zwischen Masannek und der Deutschen Babcock AG, wo Masannek „Planungen für die Lösung von Entsorgungsproblemen“ erarbeiten sollte. Babcock zählte zu den Marktführern bei Müllverbrennungsanlagen und hatte in den 80er-Jahren im Stadtteil Bockum-Hövel eine solche Anlage für ca. 60 Millionen Euro errichtet. Eifrigster Fürsprecher des umstrittenen Projekts war Winfried Masannek. Einwendungen von Naturschutzverbänden in der Planungsphase, die sich u. a. auf den Standort in der ökologisch wertvollen Lippeaue bezogen, wurden von ihm regelrecht „vom Tisch gewischt“. Ein Babcock-Vertreter hatte die MVA in einer Sitzung des Umweltausschusses sogar als „Kleinod in der Lippeaue“ bezeichnet.
Babcock-Pressesprecher Werner Stork verwies darauf, dass der Beratungsvertrag im August 1985 geschlossen worden sei. Der Auftrag für die Müllverbrennung sei aber schon 1982 vergeben worden. Gleichwohl bewarb sich Babcock seinerzeit um eine Sondermüllverbrennung in Hamm, die aber nicht mehr gebaut wurde.
Winfried Masannek wurde in der Folge der Affäre aus dem Dienstverhältnis bei der Stadt Hamm entlassen. Vor dem Dortmunder Landgericht verurteilte man ihn im Juli 1987 zunächst zu sieben Jahren Haft, am 14. Februar 1989 wurde er wegen Bestechlichkeit und Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Bau der Müllverbrennungsanlage vom Landgericht Bochum dann zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weitere Ermittlungen hatten ergeben, dass Masannek für den Bau der Müllverbrennungsanlage 1,7 Millionen Mark Bestechungsgeld erhalten hatte.[1][3]
Literatur
- Roland Kirbach: „Ein tüchtiger Dezernent: Dr. Dr. Masannek und der Müll der Korruption.“ in: DIE ZEIT, Nr. 18. vom 25. April 1986.
- „Der größte Fälscher im Rathaus?“ in: Hamburger Abendblatt vom 30. April 1986.
- Henning Voss: Der Fall Masannek. Chronik eines politischen Skandals. Hg. von Die Grünen Hamm. Mit einem Vorwort von Rainer Weber und einem Nachwort von Dietrich Thränhardt. Hamm 1989: Graph. Verl. Brümmer-Gebhard, ISBN: 9783921658079.
Quellen
- „Geschichte von Bockum-Hövel“ in: de.wikipedia.org, zul. abgerufen am 13.11.2024 (CC BY-SA 4.0).
- „Hammer Dezernenten-Affäre“ in: Majorie-Wiki, zul. abgerufen am 13.11.2024 (CC BY-SA 4.0).
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Jörn Funke: „Hammer „Doppeldoktor“ Winfried Masannek gestorben“ in: wa.de vom 1. Juli 2024
- ↑ Rüdiger Liedtke: Skandal-Chronik. Das Lexikon der Affären und Skandale in Wildwest-Deutschland. Eichborn 1987, S. 34.
- ↑ Henning Voss: Der Fall Masannek. Chronik eines politischen Skandals, S. 10.