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== Lage == | == Lage == | ||
Die Burg befand sich am Nordufer der [[Lippe]] (etwa nördlich des heutigen [[Stadthafen]]s). Die Stadt selbst befand sich südlich der Lippe und war mit der Burg über eine Brücke verbunden. | |||
Die Burg befand sich am Nordufer der [[Lippe]] (etwa nördlich des heutigen | |||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
Im Jahre [[1209]] erbte Arnolds Sohn, Graf Friedrich von Altena-Isenberg, Nienbrügge. Um [[1216]] war Nienbrügge die Stammburg Friedrichs, ab [[1217]] die Burg Isenberg bei Hattingen. Nachdem Friedrich seinen Großvetter [[Engelbert I. von Berg]], den Erzbischof von Köln, am [[7. November]] [[1225]] bei Gevelsberg ermorden ließ, wurde über ihn auf dem Reichstag zu Frankfurt die Reichsacht verhängt. Die Burg Nienbrügge wurde noch im gleichen Jahr durch [[Graf Adolf von der Mark]], ein Neffe Arnolds, der sich auf die Seite Kurkölns gestellt hatte, zerstört. | Im Jahre [[1209]] erbte Arnolds Sohn, Graf Friedrich von Altena-Isenberg, Nienbrügge. Um [[1216]] war Nienbrügge die Stammburg Friedrichs, ab [[1217]] die Burg Isenberg bei Hattingen. Nachdem Friedrich seinen Großvetter [[Engelbert I. von Berg]], den Erzbischof von Köln, am [[7. November]] [[1225]] bei Gevelsberg ermorden ließ, wurde über ihn auf dem Reichstag zu Frankfurt die Reichsacht verhängt. Die Burg Nienbrügge wurde noch im gleichen Jahr durch [[Graf Adolf von der Mark]], ein Neffe Arnolds, der sich auf die Seite Kurkölns gestellt hatte, zerstört. | ||
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== Grabungen und Funde == | == Grabungen und Funde == | ||
(Text von Georg Eggenstein) | (Text von Georg Eggenstein) | ||
"Entsprechend seiner großen historischen Bedeutung war Nienbrügge für die Altertumsforschung des 19. Jahrhunderts eine der interessantesten Stätten in unserem Raum. Im August und September 1877 ließ der Freiherr von Boeselager im Zuge von wasserbaulichen Maßnahmen direkt am Nordufer der Lippe einen Hügel abtragen, über dessen Dimensionen nur gesagt wird, daß er sich noch zwischen 1 und 2,5 m über die umgebende Weide erhob und offensichtlich bereits von früheren Hochwasserereignissen in Mitleidenschaft gezogen war. Die Arbeiten wurden von Hofrat [[Moritz Friedrich Essellen]] begleitet, der darüber in einem zweiteiligen Zeitungsaufsatz ausführlich berichtete. | "Entsprechend seiner großen historischen Bedeutung war Nienbrügge für die Altertumsforschung des 19. Jahrhunderts eine der interessantesten Stätten in unserem Raum. Im August und September 1877 ließ der Freiherr von Boeselager im Zuge von wasserbaulichen Maßnahmen direkt am Nordufer der Lippe einen Hügel abtragen, über dessen Dimensionen nur gesagt wird, daß er sich noch zwischen 1 und 2,5 m über die umgebende Weide erhob und offensichtlich bereits von früheren Hochwasserereignissen in Mitleidenschaft gezogen war. Die Arbeiten wurden von Hofrat [[Moritz Friedrich Essellen]] begleitet, der darüber in einem zweiteiligen Zeitungsaufsatz ausführlich berichtete. | ||
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Aus diesem Bereich sind lediglich einzelne, bei Begehungen aufgelesene Scherben aus dem 11. bis 14. Jahrhundert bekannt. | Aus diesem Bereich sind lediglich einzelne, bei Begehungen aufgelesene Scherben aus dem 11. bis 14. Jahrhundert bekannt. | ||
Die Brückenanlagen bildeten im Mittelalter offensichtlich ein wesentliches Charakteristikum des Platzes. Von ihnen ist heute aber nichts mehr erhalten. In der Karte aus dem 16. Jahrhunderts ist von | Die Brückenanlagen bildeten im Mittelalter offensichtlich ein wesentliches Charakteristikum des Platzes. Von ihnen ist heute aber nichts mehr erhalten. In der Karte aus dem 16. Jahrhunderts ist von ''„etzlichen ser olden mailtheichen die Rede, die bei Niedrigwasser, in kleinem water“'', zu sehen sind. Gemeint sind Malzeichen, also eindeutige Spuren Nienbrügges. Essellen berichtete 1857 von einem Brückenpfeiler, der bei geringerem Wasserstand aus der Lippe herausragte. Er bestand aus behauenen Sandsteinen und soll eine dreieckige Form mit einer Seitenlänge von ca. 4,5 m gehabt haben. Etwa 40 Meter östlich davon standen in Ufernähe noch einige Stümpfe von eingerahmten Holzpfosten. In seinem Bericht aus dem Jahre 1877 wiederholte Essellen die Angaben, die von übereinstimmenden Aussagen der Autoren Hölzermann, Nordhoff und [[Wilhelm von der Marck]] gestützt werden. Danach waren um 1880 am rechten Lippeufer noch Rest zweier Brückenpfeiler aus Gründsandstein vorhanden. Erst im September 1886 ließ der Wasserbauinspektor Röder aus Hamm ein in der Nähe des nördlichen Ufers im Fluss stehendes Pfeilerfundament abtragen. | ||
Auf dem südlichen Flussufer, also gegenüber der [[Borgstätte]], soll nach übereinstimmender | Auf dem südlichen Flussufer, also gegenüber der [[Borgstätte]], soll nach übereinstimmender Darstellung von Essellenes, Hölzermanns, Nordhoffs und von der Marcks ein mehrere Hektar großes Areal mit auffälligen Strukturen gelegen haben. In der ältesten Publikation wird es am deutlichsten beschrieben. Viereckig, leicht erhöhte Teilflächen seien durch Gräben voneinander getrennt gewesen. In einigen Feldern kam unter der Rasendecke Schutt von Mauerwerk zum Vorschein, in anderen dagegen nicht. Nach Süden soll das Areal durch einen Graben eingefasst gewesen sein. Dieser Zustand hätte demnach bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts Bestand gehabt. In den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, also als die Arbeiten von Hölzermann, Nordhoff und [[Wilhelm von der Marck|von der Marck]] erschienen, war er jedoch nur noch in geringen Ansätzen erkennbar. Die Autoren, die das Areal persönlich kannten, haben diese Formationen also nicht mehr selbst gesehen und stützten sich auf ältere Angaben. Aus heutiger Sicht lässt sich dieses Phänomen nicht interpretieren. Auch Eintragungen grabenartiger Strukturen in alten Karten, am deutlichsten in der Bouillon-Karte von 1820, bringen keinen weiteren Aufschluss. Essellen beschreibt Scherbenfunde aus dem gesamten Gelände, die aus heutiger Sicht als hochmittelalterliche Keramik zu interpretieren sind. | ||
In unmittelbarer Nähe, südlich dieses Geländes, befand sich bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts die Krause Linde, ein uralter Lindenbaum, dem man damals eine besondere Bedeutung zugemessen hat. Die Sage erzählt, dass hier der letzte Ritter von der Homburg in Nordherringen seinen Gerichtssitz hatte und auf einem eisernen Stuhl grausam über seine Untertanen urteilte. Eines Tages aber tötete ein Blitzstrahl den Ritter auf seinem Eisenstuhl und warf ihn in die Lippe. Wenn die Sommernächte vom Wetterleuchten erhellt werden, kann man im fahlen Schein der Blitze den Ritter auf dem eisernen Stuhl aus der Lippe emporsteigen sehen. Eine andere Version der Geschichte berichtet davon, dass dem Ritter von der Homburg seine Burg nicht mehr gefallen habe und er daher an der Krausen Linde eine neue errichtet habe. Oft wollen ihn die Bauern gesehen haben, wie er auf dem eisernen Stuhl saß, der hoch über dem Lippefluss an einer Brücke stand. | In unmittelbarer Nähe, südlich dieses Geländes, befand sich bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts die Krause Linde, ein uralter Lindenbaum, dem man damals eine besondere Bedeutung zugemessen hat. Die Sage erzählt, dass hier der letzte Ritter von der Homburg in Nordherringen seinen Gerichtssitz hatte und auf einem eisernen Stuhl grausam über seine Untertanen urteilte. Eines Tages aber tötete ein Blitzstrahl den Ritter auf seinem Eisenstuhl und warf ihn in die Lippe. Wenn die Sommernächte vom Wetterleuchten erhellt werden, kann man im fahlen Schein der Blitze den Ritter auf dem eisernen Stuhl aus der Lippe emporsteigen sehen. Eine andere Version der Geschichte berichtet davon, dass dem Ritter von der Homburg seine Burg nicht mehr gefallen habe und er daher an der Krausen Linde eine neue errichtet habe. Oft wollen ihn die Bauern gesehen haben, wie er auf dem eisernen Stuhl saß, der hoch über dem Lippefluss an einer Brücke stand. | ||
Von der Krausen Linde existiert ein letztes Foto aus dem August 1922. Auch gibt es eine exakte Katastereinmessung. Ansonsten ist von dem Baum nichts mehr erhalten. | Von der Krausen Linde existiert ein letztes Foto aus dem August 1922. Auch gibt es eine exakte Katastereinmessung. Ansonsten ist von dem Baum nichts mehr erhalten. Museumsdirektor [[Gustav Lübcke]], Hafendirektor Sauter und Stadtgärtner Droste mussten bei einem Ortstermin am 10. März 1922 feststellen, dass die Krone des noch etwa 8 m hohen Baumes durch Blitzschlag zerstört und der hohle Stamm stark angegriffen war. Daher überließ man den alten Baum dem Verfall. Der Museumsverein pflanzte dann am Hafenamt eine neue Linde. Ob die Krause Linde oder auch ihr Standort über die Sagen hinaus eine historisch greifbare Bedeutung hat, ist nicht bekannt, da es keine weiteren Überlieferungen gibt. Allgemein betrachtet spielte die Linde im Volksglauben und Brauchtum früherer Jahrhunderte eine sehr große Rolle im öffentlichen Leben. Sie wurden besonders als Gerichtsstätten genutzt, als sogenannte Gerichtslinden, aber auch als Versammlungsplatz und Schutzbaum (Dorflinde). | ||
Es gibt eine Reihe archäologischer Funde aus der Umgebung der Krausen Linde, die eher zufällig bei Baumaßnahmen und anderen Bodeneingriffen entdeckt wurden. Man achtete augenscheinlich schon Ende des 19. Jahrhunderts auf Fundgegenstände im Bereich des sagenumwobenen Baumes. So liegen von Hobreckers Feld und weiteren, nicht näher spezifizierten Grundstücken an der Krausen Linde drei eiserne Stachelsporen mit gebogenen Bügeln vor. Zwei von ihnen zeichnen sich durch ungewöhnlich verbreiterte Fersenstücke aus. Hinzu kommen fünf Hufeisen, die bis auf eine offenbar nur den vorderen Teil des Hufes schützten, und drei Pfeilspitzen mit pyramidenförmigen Spitzen in unterschiedlicher Ausprägung. Außerdem wurden drei Messer gefunden, von denen eines eine runde Nietlochung aufweist. Ein eiserner Schlüssel mit rautenförmiger Reide zeichnet sich durch seine außerordentliche Länge von 15 cm aus. Keramikfunde waren eher selten oder wurden nicht aufgehoben. Einer der drei Spinnwirtel ist steinzeugartig hart gebrannt. Das Scherbenmaterial setzt sich aus einzelnen Stücken von Pingsdorfer Machart, Fasteinzeug und Siegburger Steinzeug sowie Stück von uneinheitlich gebrannten Kugeltöpfen zusammen. | Es gibt eine Reihe archäologischer Funde aus der Umgebung der Krausen Linde, die eher zufällig bei Baumaßnahmen und anderen Bodeneingriffen entdeckt wurden. Man achtete augenscheinlich schon Ende des 19. Jahrhunderts auf Fundgegenstände im Bereich des sagenumwobenen Baumes. So liegen von Hobreckers Feld und weiteren, nicht näher spezifizierten Grundstücken an der Krausen Linde drei eiserne Stachelsporen mit gebogenen Bügeln vor. Zwei von ihnen zeichnen sich durch ungewöhnlich verbreiterte Fersenstücke aus. Hinzu kommen fünf Hufeisen, die bis auf eine offenbar nur den vorderen Teil des Hufes schützten, und drei Pfeilspitzen mit pyramidenförmigen Spitzen in unterschiedlicher Ausprägung. Außerdem wurden drei Messer gefunden, von denen eines eine runde Nietlochung aufweist. Ein eiserner Schlüssel mit rautenförmiger Reide zeichnet sich durch seine außerordentliche Länge von 15 cm aus. Keramikfunde waren eher selten oder wurden nicht aufgehoben. Einer der drei Spinnwirtel ist steinzeugartig hart gebrannt. Das Scherbenmaterial setzt sich aus einzelnen Stücken von Pingsdorfer Machart, Fasteinzeug und Siegburger Steinzeug sowie Stück von uneinheitlich gebrannten Kugeltöpfen zusammen. | ||
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== Ausgrabungen 2011 == | == Ausgrabungen 2011 == | ||
Im November [[2011]] wurde von den Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe eine Grabungskampagnie auf dem vermuteten Gelände der Burg Nienbrügge durchgeführt. Dabei wurden die Fundamente eines Nebengebäudes der Burg entdeckt und zahlreiche Grabungsfunde gesichert. Wichtige Indizien, dass es sich tatsächlich um ein Gebäude der Burganlage handeln muss, sind die gefundenen Gestände, allen voran ein Steigbügel und ein Hufeisen. | Im November [[2011]] wurde von den Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe eine Grabungskampagnie auf dem vermuteten Gelände der Burg Nienbrügge durchgeführt. Dabei wurden die Fundamente eines Nebengebäudes der Burg entdeckt und zahlreiche Grabungsfunde gesichert. Wichtige Indizien, dass es sich tatsächlich um ein Gebäude der Burganlage handeln muss, sind die gefundenen Gestände, allen voran ein Steigbügel und ein Hufeisen. | ||
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== Literatur == | == Literatur == | ||
* Georg Eggenstein: ''II. Bis 1225 - Burg und Stadt Nienbrügge'', in: Zeitspuren. Die Anfänge der Stadt Hamm, hrsg. von Georg Eggenstein – Ellen Schwinzer, Bönen 2001, S. 49-59. | * Georg Eggenstein: ''II. Bis 1225 - Burg und Stadt Nienbrügge'', in: Zeitspuren. Die Anfänge der Stadt Hamm, hrsg. von Georg Eggenstein – Ellen Schwinzer, Bönen 2001, S. 49-59. | ||
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