Gründungsprivileg
Das Gründungsprivileg gilt als Gründungsurkunde für die Stadt Hamm. Die Urkunde wird hier in deutscher Übersetzung wiedergegeben. (Der lateinische Wortlaut findet sich unter dem Lemma 1226.)
Übersetzung des Gründungsprivilegs
Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit! Die Gnade des heiligen Geistes sei mit uns! Allen jetzt und künftig (Lebenden) sei bekannt gemacht, daß ich, Adolf, Graf von Altena und in der Mark, willens, in (der Gemarkung von) Mark eine Stadt anzulegen, den Einwohnern die Wahl ihres Rechtes freigestellt habe. Sie haben sich darauf das Recht der Lippstädter gewählt, wie folgt:
(1) Erstens besitzen sie eine freie Stadt. Sodann wählen sie sich das Recht der Soester, wenn sie nicht ein besseres und geeigneteres für sich selbst ausdenken oder finden.
(2) Ferner sollen alle Rechtsgeschäfte über Brot, Bier und entsprechende (Lebensmittel) sowie über ohne Waffen entstandene Wunden und über die Sorge für das Gemeinwohl den Ratsmannen der Stadt und den Bürgermeistern überlassen sein.
(3) Jene Wunden aber, die durch Waffen entstehen, die (Fälle von) Straßenraub und Diebstähle bleiben dem Gerichtsurteil des Stadtherren vorbehalten.
(4) Ferner wird der Stadherr seinen (Stadt)Richter mit Zustimmung der Bürgermeister bestimmen.
(5) Ferner soll kein Mitbürger den anderen vor das Hochgericht bringen, ohne daß zuvor eine Untersuchung durch die Bürgermeister stattgefunden hat.
(6) Ferner soll, wenn ein Mitbürger getötet hat, dessen Besitz nicht beschlagnahmt, sein Haus nicht niedergelegt werden, sondern an die Erben fallen; er persönlich aber soll als Schuldiger verurteilt werden.
(7) Der Stadtrichter soll Bürgschaften der Mitbürger nach Genehmigung durch die Bürgermeister anerkennen.
(8) Ferner soll keiner, der trotz Widerspruch seines (Leib)Herren in die Stadt gekommen ist, zu einer anderen Leistung gezwungen werden, als daß er sich freiwillig bereit findet, den schuldigen Zins zu leisten, oder daß er (der Forderung) widerspricht und sich durch Eineid (ohne Helfer) von der (behaupteten) Hörigkeit freischwört; keinesfalls kann er durch (einen Gruppeneid leistende) Verwandte überführt werden.
(9) Ferner wird, wenn jemands Eigenmann, der die Hörigkeit zugibt, sterben sollte, dem (Leib)Herren bei Männern das Recht auf dessen Heergerät (Waffen, Kampfkleid, Pferd), bei Frauen auf die Gerade (bestimmte Teile des Haushalts) zugestanden; das ganze übrige Gut fällt den (persönlichen) Erben und nicht dem (Leib)Herren zu. Auch kann jeder bei Lebzeiten das Seine geben, wenn er will.
(10) Ferner soll, wenn ein Fremder in die Stadt kommt und dort ohne Anwesenheit von Erben stirbt, das Erbe auf Jahr und Tag verwahrt werden. Kommt inzwischen der mutmaßliche Erbe, dann soll er es nach Stadtrecht erhalten; kommt aber keiner, das Erbe zu fordern, so fällt es an den Stadtherren. Bei Lebzeiten aber kann der Fremde seine Habe geben, wem er will.
(11) Ferner soll keiner irgendwelche oder irgendwessen innerstädtische Güter außerhalb der Stadt beiseite schaffen.
(12) Ferner soll, wenn jemand Mitbürger zu werden wünscht, alles was er (dafür) erlegt, nach dem Willen der Bürgerschaft angelegt werden.
(13) Ferner soll, wenn ein Besitzwechsel der Art geschieht, das einer dem anderen ein Haus verkauft, der Käufer, nicht der Verkäufer, dem Stadtherren 12 Denare geben.
(14) Diese Rechte haben sich die Bürger in (der Gemarkung von) Mark gegeben, mit Zustimmung ihres Herren, des Grafen Adolf und seiner Miterben, sowie alle anderen Rechte, die etwa noch bei den Lippstädtern Gültigkeit besitzen.
(15) Ferner soll man wissen, daß die Hausplätze den einzelnen (Bürgern) zu 4 Denar jährlich(em Erbzins) überlassen worden sind.
(16) Ferner sollten die Markttage in jeder Woche allen freies Geleit bieten der Art, daß sie nicht gehalten sind, sich gegen ihre Gläubiger gerichtlich zu verantworten, noch auf andere Ansprüche hin Rede zu stehen, sofern sie nicht verbannt oder geächtet sein sollten, es sei denn, jemand verübte an diesem Ort ungewöhnliche Verbrechen, (für die) er dort bestraft werden muß.
(17) Ebenso erkennen wir darauf, auch alle Sonntage mit der gleichen Freiheit zu versehen.
(18) Ebenso gestatten wir, daß die Jahrmärkte zwei Tage vor- und 2 Tage nachher unter gleicher Förderung abgehalten werden.
(19) Ferner soll der (Stadt)Richter, wenn ein Mitbürger gerichtlich in Bürgschaft(ssachen) bis zu 4 Schilling (Buße) verurteilt wird, beim Empfang (der Gebühren) die Summe von 6 Denaren nicht überschreiten.
Gegeben in (der Burg) Mark vom Grafen Adolf, im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1213, am 1.November, als Coelestin Papst war. Zeugen des (Rechts)Vorgangs und erste Ratmannen der genannten Stadt sind:
- Hermann, der Bäcker
- Dietrich, der Bäcker
- Walther, der Bäcker
- Heinrich, der Bäcker
- Wernher, der Schmied
- Bruno, der Marschalk
- Heinrich, der Winzer
- Sigebod, der Schuhmacher
- Heinrich vom (Wirtschafts)Hofe
- Wulfhard, der (gräfliche) Gutsverwalter
- Heinrich von Hewingdorf
- Wilhelm vom Unterhofe
Erklärung
Dem Chronisten der Grafen von der Mark zufolge verdankt Hamm seine Entstehung den dramatischen Ereignissen des Jahres 1225 und dem Ende des unglücklichen Grafen von Isenberg. Wenn man sich den zeitlichen Ablauf der aufgezeichneten Vorgänge klarmacht, bietet sich ein Bild sich überstürzender Ereignisse. Graf Adolf von der Mark erscheint dabei mit einer bemerkenswerten Reaktionsschnelligkeit die unerwartet schicksalhafte Gelegenheit ergriffen zu haben. In gewisser Diskrepanz zu diesem Bericht steht die oben abgebildete Urkunde, die bereit 1213 vom Grafen von der Mark ausgestellt sein soll, und das Gründungsprivileg für ein "opidum in Marca" enthält.