Urkunde 1273 Mai 29
Das Domkapitel zu Münster, das zur einmütigen Wahl eines Bischofs bisher nicht hatte gelangen können, wählt am 29. Mai 1273 zur Beseitigung der dadurch entstandenen öffentlichen Unischerheit den Grafen Otto von Tecklenburg zum Stiftsverweser und setzt ihm einen Regentschaftsrat zur Seite, dem auch Graf Engelbert von der Mark angehört.
Wortlaut
Die Urkunde ist in lateinischer Sprache verfasst und wird nach WUB III (S. 485-486) zitiert: [1]
Walramus prepositus, Fridericus decanus, Renfridus thesaurarius, Theodoricus vicedominus, Gerhardus de Lon, Bernardus de Asbecke, Brunstenus, Joannès de Hunevelt, Hermannus de Vorst, Theodericus de Bissendorf, Adolphus Norendin, Ludolphus de Rhete, Suitherus de Asbeck, Everhardus de Volmersteine, Joannes de Rhemen, Burchardus, Ernestus de Gesmode, magister Henricus, Wernerus de Rethe et Ditmarus de Tunen, canonici ecclesie Monasteriensis, maior et sanior pars totius capituli Mouasteriensis. Omnibus presens scriptum intuentibus notum facimus, quod cum per dissensionem in capitulo in electione super episcopatu factam ecclesia nostra diu fuisset pastoris solatio destituta, quidam maligni spiritus homines, sue salutis et fidelitatis, qua ecclesie Monasteriensi tenebantur, immemores, propter defectum pastoris bona et possessiones ecclesie nostre spoliaverunt rapinis et incendiis multipliciter more tyrannico devastantes, pauperes homines, scilicet litones dicte ecclesie nostre, per captivitates et varias exactionum pressuras expulerunt de habitationibus suis, ita quod litones agriculturam deseruerint et quasi profugi facti latitabant ubi possunt, sic quod nos reditibus et prebendis nostris absque omni culpa nostra privati sumus adeo quod, nisi celeri nobis succuratur remedio, compellemur in cleri opprobrium mendicari Hac necessitate compulsi supplicavimus sepe nobilibus, vasallis et ministerialibus ecclesie Monasteriensis nec non scabinis civitatis Monasteriensis et aliis, qui ecclesie nostre ex fidelitate merito adstricti esse deberent, ut nobis orphanis absque patre et sic grege sine pastoris cura manente in eligendo tutore sive defensore suum dignarentur consilium et auxilium impertiri. In quo nequaquam profecimus sed potius derisui habebamur. Propter quam moram et strictam necessitatem, et quia sicut episcopi ita et tutoris sive defensoris electio ad nos pertinet, tam de consuetudine quam de iure, de consilio et auxilio Engelberti nobilis viri comitis de Marca, qui in tribulationibus nostris fidelis et magnificus defensor extitit et adiutor, item habito super hoc consilio domini Osnabrugensis electi, nobilis viri comitis de Benthem et nobilis viri Hermanni de Lippia ac aliorum proborum virorum, nobilem domicellum Ottonem comitem de Techeneborgh in tatorem et defensorem nostrum et ecclesie nostre, non contradicentibus magistro Bertramo decano Osnabrugensi et magistro Lutberto, concanonicis nostris, quorum consensus super hoc requisitus fuerat, in nomine patris, filii et spiritus sancti duximus eligendum. Quam tutelam sive defensionem idem comes de consilio amicorum suorum benevole et favorabiliter acceptans, iuravit publice pro conservatione Monasteriensis ecclesie articulos infra scriptos, videlicet quod nos, capitulum Monasteriense, in personis, hominibus et rebus nostris nec non clericos et laicos civitatis et dioceseos unumquemque in iure suo pro posse defendet et conservabit et iustum iudicium faciet in terra. Item iuravit, quod bona ecclesie Monasteriensis non alienabit neque pignori obligabit, nisi aliquid talium de consilio sibi adiunctorum procedat. Item quod n regimine tatele in magnis negociis nihil aget nisi de consilio sibi adiunctorum Item neminem infeudabit, sed infeudationem futuro domino sive electo confirmato rite et rationabiliter reservabit Item habito domino et rite confirmato, finita erit tutela et tunc ad ipsum dominum castra, munitiones, oppida et omnia ad episcopatum pertinentia libere revertentur. De expensis autem factis circa tutele administrationem ipsi Ottoni comiti et Engelberto comiti de Marca, si quas fecerit, de reditibus episcopalibus satisfiet. Illi, qui sequuntur, adiuncti sunt tutori nostro, quorum consilium in magnis negociis requiret, videlicet Walramus prepositus, Fridericus decanus, Renfridus thesaurarius, Theodoricus vicedominus, B. de Asbecke, Adolphus Norendin et magister Henricus predictus; item laici Engelbertus comes de Marca, Wetzelus de Lembecke, Hermannus de Lange, Joannes de Dincklage, Mattheus de Novo Castro et Conradus Stric milites. Nos vero Engelbertus comes de Marca fideiussoris nomine fide data promisimus Walramo preposito, Renfrido thesaurario, Theodorico vicedomino, Bernardo de Asbeck, Brunsteno et Wernero de Rethe nomine capituli sui, quod predicta faciemus inviolabiliter observari. In cuius rei testimonium ecclesie nostre Monasteriensis et domini Engelberti comitis de Marca ac Ottonis comitis de Teckeneborg predictorum sigillis presens pagina munitur. Actum anno Domini Mo. CC. LXXIII, IV. Kalend. Junii.
Übersetzung
Der Urkundetext in deutscher Sprache lautet:
Wir, Walramus, Propst, Fridericus, Dekan, Renfridus, Thesaurar, Theodericus, Vicedominus, Gerhardus von Lon, Bernardus von Asbeck (Asbecke), Brunstenus, Johannes von Hünefeld (Hunevelt), Hermannus von Vorst , Theodericus von Bissendorf , Adolphus Norendin, Ludolphus von Rhete, Suitherus von Asbeck, Everhardus von Volmarstein (Volmersteine), Johannes von Rhemen, Burchardus, Ernestus von Gesmold (Gesmode), Magister Heinrich, Wernerus von Rethe und Ditmarus von Tunen, Kanoniker der Münsteraner (Monasteriensis) Kirche, die größere und vernünftigere Mehrheit des gesamten Münsteraner Kapitels, machen allen, die dieses Schreiben einsehen, kund:
Nachdem unsere Kirche durch die Spaltung im Kapitel bei der Wahl des Bischofs lange Zeit des Trostes eines Hirten beraubt war, haben einige bösartige Menschen, die ihr eigenes Seelenheil und die Treue, zu der sie der Münsteraner Kirche verpflichtet waren, vergessen hatten, aus Mangel an einem Hirten die Güter und Besitztümer unserer Kirche geraubt, durch Raubzüge und Brandstiftung auf tyrannische Weise mehrfach verwüstet. Sie haben arme Leute, nämlich die Bauern unserer besagten Kirche, durch Gefangennahmen und verschiedene Abgaben von ihren Wohnstätten vertrieben, sodass die Bauern die Landwirtschaft aufgegeben haben und sich wie Flüchtlinge versteckten, wo sie konnten. So sind wir ohne eigene Schuld unserer Einkünfte und Pfründen beraubt worden, sodass wir, wenn uns nicht schnell Abhilfe geschaffen wird, zur Schande der Geistlichkeit betteln müssen.
Durch diese Not gezwungen, haben wir oft die Edlen, Vasallen und Ministerialen der Münsteraner Kirche sowie die Schöffen der Stadt Münster und andere, die unserer Kirche aus Treue verpflichtet sein sollten, inständig gebeten, uns Waisen ohne Vater, da die Herde ohne die Fürsorge eines Hirten blieb, in der Wahl eines Vormunds oder Beschützers ihren Rat und ihre Hilfe zu gewähren. Dabei haben wir nichts erreicht, sondern wurden eher verspottet.
Wegen dieser Verzögerung und der drängenden Notwendigkeit, und weil uns, sowohl nach Gewohnheit als auch nach Recht, die Wahl eines Vormunds oder Beschützers ebenso zusteht wie die eines Bischofs, haben wir mit dem Rat und der Hilfe des Edlen Engelbertus, Graf von der Mark (Marca), der in unseren Nöten ein treuer und großartiger Beschützer und Helfer war, und nach Einholung des Rats des gewählten Herrn von Osnabrück, des Edlen Grafen von Bentheim (Benthem) und des Edlen Hermannus von Lippe sowie anderer rechtschaffener Männer, den Edlen jungen Herren Otto, Graf von Tecklenburg (Techeneborgh), zu unserem und unserer Kirche Vormund und Beschützer gewählt. Dies geschah nicht im Widerspruch zu Magister Bertramus, Dekan von Osnabrück, und Magister Lutbertus, unseren Mitkanonikern, deren Zustimmung hierzu eingeholt worden war, und im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Derselbe Graf hat diese Vormundschaft oder Verteidigung mit dem Rat seiner Freunde wohlwollend und bereitwillig angenommen und öffentlich die folgenden Artikel zur Bewahrung der Münsteraner Kirche geschworen:
Dass er uns, das Münsteraner Kapitel, in unseren Personen, Leuten und Gütern sowie die Kleriker und Laien der Stadt und Diözese nach besten Kräften in ihrem jeweiligen Recht verteidigen und bewahren und in dem Land gerechtes Recht sprechen wird.
Dass er die Güter der Münsteraner Kirche nicht veräußern oder verpfänden wird, es sei denn, eine solche Maßnahme erfolgt mit dem Rat der ihm beigeordneten Personen.
Dass er in der Verwaltung der Vormundschaft bei wichtigen Angelegenheiten nichts ohne den Rat der ihm beigeordneten Personen unternehmen wird.
Dass er niemanden belehnen wird, sondern die Belehnung dem zukünftigen Herrn oder dem ordnungsgemäß und rechtlich bestätigten Elektus vorbehalten wird.
Dass nach dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Bestätigung eines Herrn die Vormundschaft beendet sein wird und dann die Burgen, Befestigungen, Städte und alles, was zum Bistum gehört, frei an denselben Herrn zurückfallen wird.
Die Ausgaben, die für die Verwaltung der Vormundschaft getätigt wurden, sollen demselben Grafen Otto und dem Grafen Engelbertus von der Mark, falls sie welche gemacht haben, aus den bischöflichen Einkünften erstattet werden.
Die folgenden Personen sind unserem Vormund beigeordnet, deren Rat er in wichtigen Angelegenheiten einholen wird:
Walramus, Propst
Fridericus, Dekan
Renfridus, Thesaurar
Theodericus, Vicedominus
B. von Asbeck
Adolphus Norendin
und der vorgenannte Magister Heinrich (Kleriker)
Engelbertus, Graf von der Mark
Wecelus von Lembeck (Lembecke)
Hermannus von Lange
Johannes von Dinklage (Dincklage)
Matthäus von Novo Castro
Conradus Stric (Ritter)
Wir, der vorgenannte Graf Engelbertus von der Mark, haben im Namen eines Bürgen unser Wort gegeben und versprechen hiermit Walramus, dem Propst, Renfridus, dem Thesaurar, Theodericus, dem Vicedominus, Bernardus von Asbeck, Brunstenus und Wernerus von Rhete im Namen ihres Kapitels, dass wir das Vorgenannte unverbrüchlich einhalten werden.
Zum Zeugnis dessen ist dieses Schreiben durch die Siegel unserer Münsteraner Kirche, des Herrn Engelbertus, Graf von der Mark, und des vorgenannten Otto, Graf von Tecklenburg, bekräftigt.
Geschehen im Jahre des Herrn 1273, am 4. Kalenden des Juni (29. Mai).
Literatur
- Philippi/Bär: Osnabrücker Urkundenbuch. Band III. Die Urkunden der Jahre 1251-1280. Osnabrück 1899.
- Westfälisches Urkundenbuch. Band 3. Die Urkunden des Bisthums Münster von 1201-1300. Münster 1871
Siehe auch
Anmerkungen
- ↑ vgl. Westfälisches Urkundenbuch. Band 3. Die Urkunden des Bisthums Münster von 1201-1300. Münster 1871