Alfred-Fischer-Halle
|
Die Alfred-Fischer-Halle ist ein Veranstaltungsort in Hamm. Sie befindet sich auf dem Gelände des Öko Zentrums im Stadtbezirk Heessen. Wo früher die Maschinen der Zeche Sachsen stampften und sie mit Energie versorgten, befindet sich heute eine Halle mit 3.000 m² Veranstaltungsfläche, die damit der größte Veranstaltungssaal der Stadt Hamm ist.[1] Die Alfred-Fischer-Halle wird auch als schönste Industriehalle Deutschlands und „Kathedrale der Industriekultur“ bezeichnet.[2]
Die Alfred-Fischer-Halle ist heute normalerweise Veranstaltungsort für Messen, Firmenpräsentationen sowie herausragende Musik-, Theater- und Konzertereignisse. Dazu kommen moderne Seminarräume und ein Restaurant. Bis auf Weiteres wird die Alfred-Fischer-Halle jedoch ausschließlich zur Unterbringung von Flüchtlingen diverser Herkunft genutzt. Seit Dezember 2023 ist sie nach der Zentralen Unterbringungseinrichtung am Alten Uentropoer Weg offiziell die zweite ZUE in Hamm.[3]
Baubeschreibung
Der gesamte Komplex wurde von Alfred Fischer mit klassizistischen Zügen gestaltet[4], ist von der Bauhausarchitektur beeinflusst[2] und im Stil des Backsteinexpressionismus gebaut. Der Eingang ist mit einer „tempelähnlichen Treppe“ versehen,[5] an der Fassade darüber ist die Losung „Kohle ist Leben!“ zu lesen.[4] Großzügige Stahlfenster geben den Blick frei auf das Hallengeschoss.
Geschichte
Die Halle wurde als Maschinenhalle der Zeche Sachsen in der damals unabhängigen Gemeinde Heessen errichtet.[6] Architekt war der im Ruhrgebiet bekannte Professor und Architekt Alfred Fischer. Die Zeche wurde bereits 1912 gegründet, die Halle 1914 fertiggestellt.[6] Von 1922 bis 1925 wurde sie durch weitere Bauten ergänzt, 1976 wurde die Maschinenhalle mit der Zeche schließlich stillgelegt.[2]
Nach der Schließung der Zeche blieb sie als einziges Gebäude erhalten.[4] Seit 1. September 1989 wird das Bauwerk mit der Nr. 105 in der Denkmalliste der Stadt Hamm geführt und als Veranstaltungsort während der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (1989–1999) rekonstruiert.[6] Die Benennung nach dem Architekten erfolgte 1999. Mit der weiteren technischen Modernisierung der Halle ab 2002, die im November 2003 beendet wurde,[2] begann hier die Europatournee der „Rocky Horror Show“. Damit fiel gleichzeitig der Startschuss für weitere Kulturevents. Während des Umbaus flossen 2,5 Millionen Euro aus Mitteln des Landes NRW unter anderem in die Beheizung, Lüftung, Akustik und Veranstaltungstechnik.[2]
Seither haben hier zahlreiche Messen und Großkongresse, zum Beispiel der Landesparteitag der FDP NRW oder die Regionalkonferenz der CDU stattgefunden, ebenso wie Ausstellungen und Kulturveranstaltungen, darunter das Klavier-Festival-Ruhr, die Ruhrtriennale und der KlassikSommer Hamm.[2]
Notunterkunft (2015–2016)
Am 6. Juli 2015 begann die Stadt Hamm wegen der deutschlandweiten Flüchtlingskrise mit Vorbereitungen für die Aufnahme von zunächst bis zu 500 Flüchtlingen in der Alfred-Fischer-Halle. Noch am Abend trafen bis zu 300 Bewohner ein, da die Erstaufnahmelager in Dortmund überfüllt waren. Geplant war zunächst eine Unterbringung bis zur Eröffnung der neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge (ZUE) in den ehemaligen Newcastle Barracks am Alten Uentroper Weg. Duschen wurden in Containern vor der Halle aufgebaut.[7]
Am 12. August besuchte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Alfred-Fischer-Halle, um sich bei Helfern des Deutschen Roten Kreuzes, des Arbeiter-Samariter-Bundes und der Feuerwehr für ihre Arbeit in der Einrichtung zu bedanken.[8]
Nachdem die Unterbringung von Flüchtlingen in der Halle nach Eröffnung der ZUE in Uentrop kurzzeitig beendet werden konnte, wurde sie schon am 6. September 2015 erneut zur Notunterkunft für ankommende Flüchtlinge umfunktioniert. Nach Berichten des Westfälischen Anzeigers trafen in der Nacht zum 7. September 228 Asylsuchende ein, darunter schwerpunktmäßig Syrer und Iraker, die mit dem Zug bis Dortmund und Bochum gereist waren. Weitere 200 sollten noch am Folgetag anreisen.[9] Die Halle blieb schließlich sogar zum November 2016 eine Flüchtlingsunterkunft, als die ZUE bereits längst eröffnet war. Dieser Umstand führte im Juli 2016 zu Kritik seitens des Vereins Flüchtlingshilfe Hamm e. V., der darauf verwies, dass in der ZUE nach ihrer Erweiterung 2016 genügend freie Plätze für die seinerzeit noch 121 in der Alfred-Fischer-Halle untergebrachten Flüchtlinge bereitgestanden hätte. Die Flüchtlinge in der Fischerhalle seien nur durch Bauzäune voneinander getrennt gewesen, auf die Stoffbahnen gezogen waren, was schon „an der Grenze zur Unwürdigkeit“ gewesen sei.[10]
Betrieben worden war die Notunterkunft von den Malteser-Werken, die Ende November 2016 schließlich im Beisein des Oberbürgermeisters das Ende ihrer Arbeit in der Halle feiern konnten. Damit endete auch die Unterbringung von Flüchtlingen in der Halle vorläufig.[11]
Corona-Zeit (2020–2022)
Von 2020 bis ins Jahr 2021 diente die Halle als städtisches Corona-Testzentrum. Nach Lockerung einiger Gesundheitsauflagen fanden 2021 wieder Kulturveranstaltungen hier statt, darunter eine Aufführung von Beethovens Fidelio der Nordwestdeutschen Philharmonie am 10. Juli als Teil des KlassikSommers.
Erneute Nutzung als Notunterkunft (2022–2023)
Ab März 2022 bereitete die Stadt erneut die Nutzung der Alfred-Fischer-Halle für die Unterbringung von Flüchtlingen vor. Grund war der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, in dessen Zuge bereits Anfang März mehr als eine Million Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.[12] Schließlich waren vorläufig bis zum 25. Juli des Jahres 2022 Ukrainer hier untergebracht, die Fischer-Halle wurde aber weiter für den Bedarfsfall vorgehalten.[1] Ab dem 23. November des selben Jahres musste die Alfred-Fischer-Halle wie erwartet wieder für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden, [1] da die Möglichkeiten des freien Wohnungsmarktes erschöpft waren, darunter jedoch nur noch wenige Ukrainer.[13]
In einem Bericht des Westfälischen Anzeigers gab Stadtsprecher Tom Herberg im Juli 2023 bekannt, dass man „auch weiterhin an der Fischer-Halle festhalten“ werde, um Flüchtlinge dort unterzubringen. Zu dieser Zeit waren hier 91 Personen einquartiert,[1] nach Berichten des WA vom Oktober bewegte sich die Zahl der Bewohner danach weiter um 100 Personen, überwiegend aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Die Stadt hielt gleichwohl für alle Eventualitäten eine Kapazität von bis zu 450 Plätzen vor, was eine entsprechende finanzielle Mehrbelastung hervorrief.[14]
Als Zentrale Unterbringungseinrichrtung (2024)
Bereits im Oktober 2023 wurde über den Westfälischen Anzeiger öffentlich, dass die Stadt Hamm die Alfred-Fischer-Halle der Bezirksregierung Arnsberg offiziell als zweite Zentrale Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge in Hamm angeboten hatte.[14] Die Pläne wurden Anfang Dezember offiziell bestätigt. Der Pachtvertrag läuft vorläufig vom 1. Dezember 2023 bis 30. September 2024 und soll der Stadt nach WA-Informationen Pachteinnahmen in sechsstelliger Höhe einbringen. Gleichzeitig entfallen damit die Kosten für die Bereithaltung der örtlichen Kapazitäten der Notunterkunft. Auch die Einrichtung der Halle wurde für einen unbekannten Betrag übernommen.[15]
Die weitere Belegung begann in der zweiten Kalenderwoche 2024.[16] Auf Anfrage teilte die Bezirksregierung Arnsberg mit, dass darunter zunächst keine Ukrainer sein würden.[3]
- Zur weiteren Geschichte siehe → Zentrale Unterbringungseinrichtung (Heessen).
Baudenkmaleintrag
Bei der 1914 erbauten Maschinenhalle handelt es sich um ein Relikt einer einst bedeutenden Bergwerksanlage, die vom Architekten Alfred Fischer aus Essen entworfen wurde.
Für die Erhaltung und Nutzung sprechen wissenschaftliche, insbesondere architekturgeschichtliche Gründe, neben dem Dokumentationswert für die Entwicklung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt Hamm sowie für die städtebauliche Entwicklung des Ortsteils Heessen.[17]
Fotos
Presseartikel
Verwaltung und Vermietung
Ansprechpartner für Mietanfragen ist die Hallenmanagement Hamm GmbH (HMH), eine Tochtergesellschaft der Stadt Hamm.
Literatur
- Viviane Taubert und Stephan Strauß (2020): Maschinenhalle Zeche Sachsen (Alfred-Fischer-Halle) in: baukunst-nrw.de vom 22. April 2020.
Weblinks
- Webseite der Alfred-Fischer-Halle
- Informationsseite der Hallenmanagement Hamm GmbH (HMH) zur Alfred-Fischer-Halle
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Frank Lahme: „Krieg statt Kultur: So steht’s um die Alfred-Fischer-Halle in Heessen“ in: wa.de vom 17. Juli 2023
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Hallenmanagement Hamm (Hg.): „Historie“ in: alfred-fischer-halle.de (2020)
- ↑ 3,0 3,1 Frank Lahme: „Neue ZUE in Hamm: Stadt verdient mit Alfred-Fischer-Halle viel Geld“ in: wa.de vom 12. Dezember 2023
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Zeche Sachsen in Hamm-Heessen / 1912 – 1976 in: ruhrzechenaus.de
- ↑ Viviane Taubert und Stephan Strauß (22.04.2020): Maschinenhalle Zeche Sachsen (Alfred-Fischer-Halle) in: baukunst-nrw.de.
- ↑ 6,0 6,1 6,2 „Historie“ in: architektur-bildarchiv.de (2020)
- ↑ „Nach Aufnahmestopp in Dortmund: Hamm nimmt 500 Flüchtlinge auf“ in: wa.de vom 7. Juli 2015
- ↑ „Minister in der Fischer-Halle - ZUE eröffnet am Donnerstag“ in: wa.de (ha) vom 12. August 2015
- ↑ „Alfred-Fischer-Halle seit Sonntag wieder Notunterkunft“ in: wa.de vom 7. September 2015
- ↑ Detlef Burrichter: „Flüchtlingshilfe kritisiert Unterbringung in Fischerhalle“ in: wa.de vom 17. Juli 2016
- ↑ Michael Girkens: „Abschiedsfeier von Notunterkunft Alfred-Fischer-Halle“ in: wa.de vom 28. November 2016
- ↑ Frank Lahme: „Fischer-Halle für Flüchtlinge vorbereitet - viele Fotos“ in: wa.de vom 14. März 2022
- ↑ Frank Lahme: „Wieder Ukrainer in Fischerhalle - Nächste Flüchtlings-Welle?“ in: wa.de vom 23. November 2022
- ↑ 14,0 14,1 Frank Lahme: „Stadt Hamm will noch eine ZUE - in der Alfred-Fischer-Halle“ in: wa.de vom 18. Oktober 2023
- ↑ Frank Lahme: „Hamm bekommt noch eine ZUE: Was das jetzt für die Stadt bedeutet“ in: wa.de vom 8. Dezember 2023
- ↑ Frank Lahme: „Fischer-Halle wird ZUE: Ankunft neuer Flüchtlinge steht bevor“ in: wa.de vom 7. Januar 2024
- ↑ vgl. Denkmalwertbegründung – zitiert nach Denkmalliste der Stadt Hamm, Bestandsverzeichnis lfd. Nummer 105