Zeche Radbod

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Begriffsklärung.png Dieser Artikel beschreibt die frühere Zeche Radbod, zum Baudenkmal Radbod siehe An den Fördertürmen (Radbod), alle anderen Bedeutungen zum Suchwort Radbod siehe Radbod (Begriffsklärung).
Zeche Radbod
Zeche_Radbod.jpg

Schacht I und Schacht II der Zeche Radbod, 1997

Bezirk Bockum-Hövel
Stadtteil Hövel
Adresse An den Fördertürmen
PLZ 59075
Typ Industriegebäude
Gebäudetyp Zeche
Namensherkunft siehe Kapitel Namensgebung
Existiert seit 1905
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Stand der Daten 10.04.2024

Die Zeche Radbod war ein Steinkohlen-Bergwerk in Bockum-Hövel, das zwischen 1905 und 1990 in Betrieb war.

Heute befindet sich auf dem ehemaligen Zechengelände, neben dem soziokulturellen Zentrum Kulturrevier Radbod, das Gewerbe- und Industriegebiet Radbod.

Geschichte

Gründung

Ab 1899 strebte die Bohrgesellschaft Trier die Verleihung von Grubenfeldern nördlich Hamm an. Am 8. März 1900 legte der Markscheider Wacholder Mutung für das Bohrloch Bockum 1 auf dem späteren Zechengelände ein. Erst 1904 wurden die Felder Bockum 1 und Hövel 1 an die Internationale Bohrgesellschaft in Erkelenz verliehen und zum Steinkohlenbergwerk Trier III zusammengeführt. Dieses wurde von einer gleichnamigen Gesellschaft betrieben.

Teufbeginn für Schacht I auf dem Gelände war am 13. März 1905. Im September erreichte Schacht I die erste Sohle in 717 m Tiefe und wenige Monate später dann auch Schacht II. Die zweite und dritte Sohle wurde auf 772 m bzw. 844 m angelegt. Um den Betrieb zu sichern, wurden drei weitere Felder gemutet und 1905 verliehen. Durch Feldertausch mit der Rheinisch-Westfälischen Bergwerks AG entstanden die Felder Wittekind und Radbod.

Die erste Steinkohleförderung erfolgte zwar bereits im November 1905, die planmäßige Förderung setzte allerdings erst im Oktober 1907 ein. Radbod hatte zu diesem Zeitpunkt 609 Mann Belegschaft und förderte 49.151 t Steinkohle. Ein Teil der heute noch stehenden Tagesanlagen war 1907 bereits fertiggestellt. Die beiden Fördergerüste in Ausführung als „deutsche Strebengerüste“ wurden aus dem englischen „Bock“ entwickelt. Die Dampffördermaschine für Schacht 1 wurde 1907 von der Wilhelmshütte Mülheim und die für Schacht 2 1908 von der Eisenhütte Prinz Rudolph hergestellt.[1]

Der weitere Ausbau wurde unter wie über Tage mit Hochdruck vorangetrieben.

Namensgebung

Der damalige Bergwerksdirektor, der aus Carolinensiel (Friesland) stammende Bergassessor a. D. Heinrich Janssen, gab an, die Zeche sei nach dem friesischen Herzog Radbod benannt worden. Dies ist auch heute noch die herrschende Auffassung zur Namensgebung, wie sie in den meisten Publikationen zur Zeche vertreten wird.

In jüngerer Zeit wies die Ortsheimatpflegerin des Stadtbezirks Hamm-Heessen, Rita Kreienfeld, jedoch darauf hin, dass möglicherweise der Erzbischof Radbod von Trier der eigentliche Namenspatron des Bergwerks ist. Sie macht dafür die Trierer Geldgeber der Zeche, allen voran Konsul Wilhelm Rautenstrauch, verantwortlich, die einen ihrer wichtigsten Erzbischöfe zum Schutzpatron der Zeche ernennen wollten. Parallelen sieht sie bei der Zeche Maximilian in Werries, die seitens ihrer bayerischen Geldgeber nach einem bayerischen König benannt worden sei. Es gebe im Ruhrgebiet zahlreiche weitere Beispiele, die ähnliche Vorgänge belegen. Jedoch wäre der nach dem Ersten Weltkrieg überwiegend sozialdemokratisch oder sogar kommunistisch eingestellten Belegschaft ein Erzbischof als Patron der Zeche nicht zu vermitteln gewesen. Daher habe man den friesischen Herzog, zumal er ein Vorfahr des Erzbischofs Radbod von Trier sei, als Erklärung vorgeschoben.[2][3]

Grubenunglück 1908

Denkmal als Statue eines Bergmanns auf dem Friedhof Hövel
Denkmal auf dem Ehrenfriedhof Hövel

siehe auch Grubenunglück 1908 auf der Zeche Radbod

Am 12. November 1908 ereignete sich in der Zeche eines der schwersten Grubenunglücke des deutschen Steinkohlebergbaus. Durch eine offene Benzin-Grubenlampe wurde auf der dritten Sohle eine schwere Schlagwetterexplosion ausgelöst. Diese kostete 350 Bergleuten ihr Leben, was nahezu der gesamten Nachtschicht entsprach. An das Unglück und die Toten erinnert die Gedenkstätte Zeche Radbod auf dem Ehrenfriedhof für die Opfer im Hammer Stadtteil Hövel, Ermelinghofstraße.

Die nach der Explosion wütenden Grubenbrände zwangen die Zechenleitung, die Grube bis 200 m über der ersten Sohle zu fluten. Mit dem Sümpfen der Zeche begann man am 17. Dezember 1908, die Arbeiten dauerten bis zum 25. Februar 1909. Dann unternahm man eine erste Grubenfahrt, um die Schäden zu sichten. Bereits im Oktober wurde mit 701 Bergleuten die Förderung wieder aufgenommen, dennoch zogen sich die Aufwältigungsarbeiten bis ins Jahr 1910 hin.

Das Unglück löste eine politische Diskussion über Arbeiterschutzmaßnahmen und Aufsichtspflichten aus, insbesondere wurde ein Arbeitsschutzgesetz gefordert. Als Folge dieses Unglücks wurde im Deutschen Reich angeordnet, dass alle Benzin-Grubenlampen abgeschafft und durch neuartige elektrische Sicherheitslampen ersetzt werden sollten. Zuerst wurden diese auf der Zeche Radbod eingeführt. In Kohle durfte nicht mehr geschossen werden, Hohlräume mussten dicht verfüllt werden.

1910–1945

Luftbild, 1935
© RVR – Datenlizenz Deutschland

Ebenfalls ab 1910 begannen die Arbeiten für Schacht III, der auf 782 m abgeteuft wurde. Ab 1911 wurde Schacht IV als Wetterschacht abgeteuft. Am 15. Oktober 1912 wurde eine Kokerei in Betrieb genommen und ergänzte fortan die bereits vorhandenen Tagesanlagen. 1913 wurden auch Anlagen zu Gewinnung von Nebenprodukten wie Teer eingerichtet. Seit 1914 war das Gelände von einer Mauer eingefriedet. In diesem Jahr wurden von 137 Pferden 128 aus der Grube entfernt und durch Druckluftlokomotiven ersetzt.

Für die ersten drei Quartale des Jahres 1916 meldete die Gewerkschaften Trier I–III als Eigentümer der Zeche Radbod eine Steigerung der Förderung seiner beiden Zechen Radbod und Baldur. Es wurden insgesamt 689.416 t gefördert. Zum Vergleichszeitraum des Vorjahres 1915 waren dies 75.250 t mehr. Die Kokserzeugung an den beiden Standorten nahm dagegen leicht ab, und zwar von 214,504 t im Jahr 1915 zu 208.698 t im Jahr 1916.[4]

1916 wurde ein Vertrag mit der Stadt Münster in Westfalen über Ferngaslieferung geschlossen. Präzise acht Jahre nach dem ersten Unglück – am 12. November 1916 – ereignete sich eine weitere, wenn auch weniger folgenschwere Schlagwetterexplosion. Diesmal gab es sechs Todesopfer.

1917 konnte Schacht IV fertiggestellt werden. Erstmalig wurden kriegsbedingt 122 Frauen auf der Zeche beschäftigt. Die Leuchtgaslieferung für Münster begann.

Die Berkwerksgesellschaft Trier III nahm 1919 aufgrund ihrer schlechten finanziellen Situation ein Angebot des Köln-Neuessener-Bergwerksvereins zur Fusion an und wurde diesem zum 1. Januar 1920 angegliedert.

Ab 1923 begann das Abteufen von Schacht V (nach dem derzeitigen Aufsichtsrat Dr. Fritz Winkhaus Winkhausschacht genannt). Er fungierte als zentraler Wetterschacht. Ein Brand in der vierten Sohle des Schachtes I am 23. Februar 1923 zwang zur Flutung dieser Sohle, sie musste schließlich ganz aufgegeben werden. Dadurch sank die Fördermenge von 930.278 t (1925/26) auf 564.530t (1926/27). Eine neue vierte Sohle wurde erst 1929 auf 942 m angelegt, 26 m über der alten. Jedoch wurde auf 1090 m eine fünfte Sohle erschlossen.

1930 ging der Köln-Neuessener-Bergwerksverein in der neugegründeten Hoesch-Köln-Neuessen AG auf. Zu Radbod gehörte dabei ein Grubenfeld von 10.966.545 m².

Nach 1933

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 belebte sich das Geschäft durch Aufrüstung im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges, weshalb 1936 der Winkhausschacht mit einem Fördergerüst und einer Schachthalle ausgestattet wurde. Im Jahr 1937 wurden erstmals mehr als 1 Mio. (genau 1.046.671) Tonnen Kohle gefördert und 240.397 Tonnen Koks produziert. Zu Beginn des Krieges forderte am 9. Mai 1939 eine erneute Schlagwetterexplosion neun Tote und 15 Verletzte und die Förderung sank durch Kriegsschäden in der Folgezeit beträchtlich. Sie musste nach einem schweren Angriff am 10. März 1945 schließlich am 30. März eingestellt werden.

Einsatz von Zwangsarbeitern

Zwischen 1941 und 1945 wurde der Betrieb weitgehend mit Hilfe von Zwangsarbeitern aufrechterhalten.[5] Schon im Februar 1940 gab es an der Zeche ein Lager für zivile polnische Zwangsarbeiter. Für sie und zunächst 500 Zwangsarbeiter aus der Ukraine wurde 1941 das Gemeinschaftslager der Zeche Radbod errichtet. Mitte 1942 waren Zwangsarbeiter aus der von Deutschland besetzten Sowjetunion – außer den baltischen Staaten – unter Tage eingesetzt. Im August 1942 wurden die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen in einem durch Stacheldraht eingezäunten Barackenlager untergebracht. 1944 betrug ihre Zahl weit über 1000.[5] Hinter Stacheldraht gefangen waren seit 1944 auch zirka 150 italienische Militärinternierte (IMI) – Kriegsgefangene, die den Krieg auf Seiten der Faschisten nicht weiterführen wollten.

Im September 1944 ließ die Geheime Staatspolizei (Gestapo) ein Arbeitserziehungslager (AEL) als KZ vor Ort für mindestens 131 Zwangsarbeiterinnen einrichten, die zum Teil auch unter Tage arbeiten mussten. 16 von ihnen sind verschollen.[5]

Kriegsende

Erst nach dem Einmarsch der Amerikaner am 3. April konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden. Die Zeche wurde der Rhine Coal Control unterstellt. Ende 1945 betrug die Jahresförderung nur noch 396.506 t.

Nachkriegszeit

Die Britische Militärregierung übertrug am 21. November 1945 die Zechen der North German Coal Control, die später nach Vereinigung der Westzonen durch die Combined Coal Control Group abgelöst wurde.

Ab 1949 wurde der Winkhausschacht zum Hauptförderschacht ausgebaut, um die Schächte I und II abzulösen. 1951 wurde die Förderung der fünften Sohle von Schacht II zu diesem, auf 5000 Tagestonnen ausgelegten, tieferen Schacht verlegt. 1955 ging die Förderung des Schachtes I auf den Schacht V über. Ab Juli 1956 erfolgte die gesamte Förderung über den Winkhausschacht. 1960 wurde Schacht III aufgegeben und verfüllt.

Durch die Aufteilung des Feldbesitzes der Rheinisch-Westfälischen Bergwerks AG im Jahr 1950 vergrößerte sich der Feldbesitz der Zeche um das Feld Radbod-Fortsetzung und umfasste nun acht Normalfelder (17.456.603 m²).

Im Februar 1952 wechselte erneut der Eigentümer der Zeche. Am 11. Februar wurde rückwirkend zum 1. Januar die Altenessener Bergwerks AG gegründet und verließ den Hoesch-Konzern. Schon im November 1956 wurde Radbod an die Hoesch AG Bergbau angegliedert.

Auf Radbod wurde 1967, erstmals im Ruhrgebiet, ein Streb mit hydraulischen Ausbaugespannen versehen und zusätzlich wurden erstmals Steuerklappen-Reißhakenhobel für den Abbau verwendet. In der Folgezeit wurde ein Pachtvertrag mit dem Bergwerk Heinrich-Robert geschlossen, um südlich der Markscheide ein Feld mit der Größe 1400 mal 250 m erschließen zu können. Durch einen Blindschacht wurde von der fünften Sohle aus eine neue sechste Sohle auf 1235 m erschlossen.

Ruhrkohle-AG (1969–1990)

Nach der Einigung der Bergwerkseigner mit Bund und Ländern im Juni 1968 und Gründung der Ruhrkohle AG wurde Radbod am 30. November 1969 in die RAG überführt und in die Betriebsführungsgruppe 7 mit Sitz in Heessen eingebunden. Die von der RAG angestrebten Betriebskonzentrationen führten zum Zusammenschluss mit der Zeche Werne zu einer Werksdirektion im Jahr 1971. Doch noch bevor Radbod und Werne untertägig durch eine Streckenauffahrung verbunden werden konnten, ging die Zeche Werne durch Neuorganisation in der Zeche Heinrich-Robert auf.

1976 wurde die Koks-Produktion schließlich infolge mangelnder Nachfrage, vor allem durch die Deutsche Bundesbahn und deren Abschaffung ihrer Dampfloks, eingestellt. Insgesamt 280 Mitarbeiter wurden deshalb auf andere Anlagen in der Nachbarschaft verlegt. Die Kokerei wurde kurz danach abgerissen.

Luftbild, Mai 1979
© RVR – Datenlizenz Deutschland

19811982 standen die Kohlevorräte der Zeche kurz vor der Erschöpfung. Die Energiekrise führte jedoch zur Planung der Nordwanderung in das Feld Donar. Deshalb wurde im Füllort der vierten Sohle nochmals investiert und die bis dahin größte untertägige Kälteanlage eingebaut. Diese wurde bereits 1985 wieder demontiert und nach Übertage verlegt, um die Bewetterungssituation Untertage weiter zu verbessern. Nach Abschluss der Genehmigungs- und Planungsverfahren durch die Bezirksregierung Arnsberg und das Bergamt Hamm am 20. Juni 1986 wurden in der Nähe von Herbern (Gemeinde Ascheberg) nördlich von Hamm-Bockum-Hövel die Schächte VI und VII abgeteuft. Das neue Bergwerk im Feld Donar sollte Personal- und Materialanfahrten übernehmen, die Förderung sollte auf Radbod stattfinden. 1988 war die Auffahrung zwischen den Schächten II und VI bis zum Durchschlag erfolgt.

Schließung (1990–1991)

Luftbild, 1990
© RVR – Datenlizenz Deutschland

1989 erzielte das Bergwerk noch mit rund 1.309.793 Tonnen Kohle seine höchste Jahresförderung. Ab dem 1. Januar 1989 wurden die Zechen Westfalen in Ahlen und Radbod zwar weiterhin als getrennte Werke, jedoch in Personalunion geführt. Bereits am 11. April wurde ein „Hauptbetriebsplan zur Betriebsunterbrechung“ auf Radbod aufgestellt und schließlich am 5. Juni 1989 vom Bergamt genehmigt. Damit war das Ende der Zeche beschlossen. In der zweiten Jahreshälfte 1989 wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Bereinigung der Tagesanlagen vorbereitete.

Die Zeche wurde mit der Zutagebringung des letzten Wagens Kohle am 31. Januar 1990 stillgelegt. 300 ältere Mitarbeiter wurden in den Vorruhestand geschickt, der Rest der Belegschaft verlegt. Die neuen Schächte VI und VII wurden ihrer Bestimmung nicht mehr zugeführt. Landabsatz und Zechenbahnhof wurden zunächst weiter betrieben. Die Werksdirektion für das stillzulegende Bergwerk ging am 3. Dezember 1990 an die Werksleitung der Zeche Heinrich-Robert über. Die endgültige Schließung erfolgte am 31. Januar 1991. 1992 wurde schließlich auch das Kraftwerk der Steag stillgelegt.

Entwicklung der Beschäftigung

Die Beschäftigtenzahlen entwickelten sich seit Betriebsaufnahme wie folgt:

Jahr Bergleute
1903 162
1908 1.805
1909 701
1913 4.389
1923 4.389
1928 2.531
1934 1.699
1937 2.811
1941 2.916
1943 3.963
1947 3.491
1950 3.851
1954 3.837
1960 2.574
1974 1.463
1989 2000 (ca.)

Der Anstieg der Beschäftigtenzahl zwischen 1974 und 1989 ergibt sich aus der Verlegung von Kumpeln aus den vor Radbod geschlossenen Schachtanlagen. Die Beschäftigten wurden im Schließungsjahr 1990 dann auf andere Schachtanlagen im ganzen Ruhrgebiet verteilt oder in den Ruhestand verabschiedet.

Grubenunglücke und Todesopfer

Neben den oben erwähnten schweren Grubenunglücken am 11. November 1908, bei dem fast die gesamte Nachtschicht starb, und am 12. November 1916 ereigneten sich auf Radbod zahlreiche weitere Unfälle mit Todesopfern. Nach einer Zählung des Geschichtskreises Zeche Radbod, die sich wesentlich auf zwei Verzeichnisse der Unfälle ab 1918 bis 1989 stützen, starben mindestens 822 Bergleute auf der Schachtanlage. Die beiden Bücher zur Unfallstatistik der Zeche aus der Abteilung für Arbeitsschutz und Sicherheit sind seit dem 4. Oktober 2010 im Stadtarchiv untergebracht, wo sie künftig auch wissenschaftlich aufgearbeitet werden sollen.

Die vorläufige Zählung umfasst nur jene Todesfälle, die auch von der Bergbauberufsgenossenschaft mit Entschädigungen belegt wurden.[6]

Nachnutzung

Gewerbegebiet Radbod (Juli 2012)
© RVR/Hubert Harst – Datenlizenz Deutschland
Fördergerüste 2007

Nach Freigabe des Geländes durch die Bergaufsicht und einer Sanierung von Altlasten auf dem Betriebsgelände wurde dieses einer Umnutzung zugeführt.

Gebäude und Anlagen

Von den Anlagen über Tage bleib nur wenig erhalten. Die Fördergerüste (Modell Klönne) und die Fördermaschinenhallen der Schächte I und II stehen seit dem Jahr 2000 als Industriedenkmäler unter Denkmalschutz.

In einigen Gebäuden des Haupteingangsbereiches befindet sich heute das soziokulturelle Zentrum Kulturrevier Radbod. Der Rest des Geländes wird als Gewerbe- und Industriegebiet Radbod vermarktet und genutzt.

Die Maschinenhallen lagen längere Zeit brach. Im Sommer 2023 will ein Hammer Architekt mit dem Umbau beginnen. Entstehen soll ein Café-Bistro mit Außengastronomie und Büros. Das historische Erbe des Gebäudes soll in das Ambiente mit einbezogen werden.[7]

Als weitere Erinnerung an die Zeche ist eine Dampflok aus dem Baujahr 1906 erhalten geblieben, die von Beginn der 1950er-Jahre bis 1974 als „Radbod 3“ (später D 712) im Einsatz war. Sie wurde durch die Hammer Eisenbahnfreunde betrieben und auf Neben- und Zechengleisen rund um Hamm zu Nostalgiefahrten genutzt. Sie musste Ostern 2017 leider wegen eines Kesselschadens außer Betrieb genommen werden. Aufgrund weiterer umfangreicher Arbeiten an Rahmen, Fahrwerk und Kessel ist eine Wiederinbetriebnahme auf absehbare Zeit leider nicht möglich.

Schächte

Schacht I und II wurden bereits vor Jahren verfüllt. Schacht Radbod 5 diente nach 1990 zunächst als ausziehender Schacht zur Bewetterung der Zeche Heinrich-Robert und anschließend des Bergwerks Ost. Seit dessen Stilllegung im September 2010 wurde der Schacht zusammen mit Schacht 6 nur noch für die Wasserhaltung genutzt.

Für die Sanierung von Schacht I wurden im Dezember 2011 990.000 € durch das Land NRW bereit gestellt. Im Juli 2012 folgten weitere 300.000 € von Bund und Land für die Sanierung von Schacht II. Laut Pressebericht sollte die Gesamtsanierung ca. 3,8 Mio. € kosten.[8]

Schacht 5 (auch Winkhausschacht genannt) war unter Tage mit dem außerhalb des Stadtgebietes in Nordick liegenden ehemaligen Schacht 6 (Donar) verbunden. Dort sollte nach Planungen der RAG und deren Tochter DSK bis 2015 das Bergwerk Donar entstehen, wozu es jedoch nicht mehr kam. Im Dezember 2012 wurde Schacht 5 verfüllt, Schacht 6 sollte Presseberichten zufolge im Januar 2013 verfüllt werden.[9]

Die Verfüllung von Schacht V ermöglichte eine weitere Vermarktung von Flächen im Gewerbe- und Industriegebiet Radbod. 2013 wurden so weitere 2,75 ha Flächen Teil des Gewerbegebiets Radbod.[10]

Die Strecke (2023)

Am 3. Juni 2023 fand auf Radbod zum ersten Mal das Aktionskunstfestival „Die Strecke“ statt. Ausgehend von Radbod markierte das Künstlerehepaar Christiane und Werner Reumke mit einer Markiermaschine auf knapp 5 Kilometern den Verlauf eines Stollens der Zeche, der 1000 Meter unter der Erde bis zum Donarfeld führt, mit pinker Farbe. Entlang der Strecke fanden an 13 Orten Aktionen statt.

Fotos

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Presseberichte

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Haltestelle

Vorlage:Haltestelle-Entwickler

Literatur

  • Stapff, M./Lippmann, W. (1955): Zeche Radbod in Bockum-Hövel – 50 Jahre. Hamm: Altenessener Bergwerks-A.G.
  • Masannek, Winfried (1974): Bockum-Hövel. Erinnerungen an eine junge, dynamische Stadt.
  • Schroeder, Willi E. (1980): Ein Heimatbuch. Zwei Stadtteile stellen sich vor. Bockum und Hövel. Hamm.
  • Pabst, Wolfgang (1982): 350 Männer starben nun laßt uns tanzen. Lengerich: Pabst Science Publishers (ursprünglich Herne: MC Wolf Verlag), ISBN 3-89967-029-9.
  • Voß, Peter: Die Zechen in Hamm: Bildchronik der Bergwerke Heinrich Robert, Maximilian, Radbod, Sachsen, Westfalen. Werne: Regio-Verlag, ISBN 3-929158-03-5.
  • Klönne, Stefan (1999): Radbod/Maximilian/Heinrich-Robert/Sachsen Historischer Abriss der Werksgeschichten und Folgenutzung der Brachflächen. Examensarbeit im Fach Geographie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Eigenverlag.
  • Hermann, Wilhelm und Gertrude (2008): Die alten Zechen an der Ruhr. Mit einem Katalog der „Lebensgeschichten“ von 477 Zechen (= Die Blauen Bücher). 6., um einen Exkurs nach S. 216 erweiterte und in energiepolitischen Teilen aktualisierte Aufl. Königstein im Taunus: Verlag Langewiesche, ISBN 978-3-7845-6994-9.
  • Schmidt-Rutsch, Olaf/Telsemeyer, Ingrid (Hg.) (2008): Die Radbod-Katastrophe. Berichte und Zeichnungen des Einfahrers Moritz Wilhelm. Essen: Klartext-Verlag, ISBN 978-3-8375-0032-5.
  • Hertel, Peter (2018): Vor unsrer Haustür. Eine Kindheit im NS-Staat – früh erlebt, spät erkundet. Münster: agenda Verlag, ISBN 978-3-89688-596-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zeche Radbod auf hamm.de
  2. Westfälischer Anzeiger vom 1. Dezember 2009.
  3. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass Friesenherrscher Radbod als Gegenspieler Karl Martells geeignet war, nach dem 1. WK als antifranzösisches Statement gedeutet zu werden.
  4. Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. 60. Jahrgang, Nr. 302 (31.10.1916).
  5. 5,0 5,1 5,2 Peter Hertel: Vor unsrer Haustür. Eine Kindheit im NS-Staat - früh erlebt, spät erkundet, Münster 2018, S. 103–136.
  6. „Die Toten von Radbod lassen sich kaum zählen.“ in: Westfälischer Anzeiger vom 4. Oktober 2010
  7. Daniel Schinzig: „Architekt baut Café und Büros in historische Maschinenhallen“ in: wa.de vom 9. Mai 2023
  8. Westfälischer Anzeiger vom 27. Juli 2012 in den Presseberichten
  9. [Endgültiger Rückzug von Radbod 5, Radbod 6 und Sandbochum] in: hammextra.de (Archiv)
  10. wa.de vom 25. September 2014

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